Westdeutsche Zeitung: SPD-Machtkampf = von Alexander Marinos
Geschrieben am 16-10-2007 |
Düsseldorf (ots) - Eigentlich ist es gar nicht so schwer, unsere Politiker zu verstehen. Wenn etwa die SPD fürs Wetter verantwortlich wäre, und ein SPD-Politiker würde sagen, morgen werde es "ganz und gar nicht ungemütlich", dann müsste man in jedem Fall mit Schnee, Eis und Sturm rechnen. Ein anderes Beispiel: SPD-Chef Kurt Beck sagt, Franz Müntefering sei "überhaupt nicht" beschädigt worden. Und Müntefering gibt zu Protokoll, "gerne" Minister und Vizekanzler zu sein. Sollte man die beiden beim Wort nehmen - oder gilt nicht eher das Gegenteil des Gesagten? Tatsache ist, dass sich der augenscheinlich so gemütliche Beck als Polit-Rambo erwiesen hat, der sich ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen wusste. Müntefering, im Kabinett der direkte Gegenspieler der CDU-Kanzlerin, wurde um einen Kopf kleiner gemacht. Besonders bitter ist, dass er sich zum Schluss auch noch von dem verhöhnen lassen musste, dessen Erbe er verteidigen wollte. Gerhard Schröder hat seinen treuesten Gefährten jäh im Stich gelassen. Ja, er sei gerne Minister und Vizekanzler, sagte Müntefering gestern. Dass er es auch bleibt, sagte er nicht. Zwar kann er Ende kommender Woche erhobenen Hauptes vor den Parteitag treten. Bis zuletzt hat er für seine Überzeugung gekämpft. Es wäre keine Schande, sich einer Mehrheit zu beugen - und es besteht kein Zweifel daran, dass Beck diese Mehrheit bekommt. Nur: Irgendwann danach würde Müntefering, wenn sich die Koalition einigt, als Arbeitsminister die seiner Überzeugung nach falsche Politik umsetzen müssen. Spätestens dann ist es Zeit zu gehen - mit unabsehbaren Konsequenzen für die Koalition, die SPD und nicht zuletzt für Beck. Müntefering erklärte gestern einmal mehr, er wolle die begrenzten Mittel lieber in Arbeit investieren statt in Arbeitslosigkeit. Das war Kerngedanke der Hartz-Reformen, und das ist und bleibt richtig. Die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere wird nicht einen einzigen neuen Job schaffen. Eine stärkere Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung auf drei statt nur auf 3,5 Prozent, wie jetzt von der SPD geplant, könnte dagegen die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt befeuern. Könnte - wenn ausnahmsweise mal die Vernunft regieren würde und nicht das Polit-Rambotum.
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