WAZ: Dieser Euro wird zu Europas Risiko. Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 19-06-2011 |
Essen (ots) - Gerade als Europäer muss einem angst und bange
werden. Die Mehrheit der Deutschen hält, zu Recht, Griechenland für
ein bodenloses Fass. Die Mehrheit der Griechen bedankt sich nicht für
die Hilfe, sondern verbittert generalstreikend über die damit
verbundenen Spar-Bedingungen, die die Armen und die Mittelschicht
ärmer machen und die Oberschicht kalt lassen. Mit anderen Worten:
Helfer und Hilfe-Nutznießer kommen sich nicht näher, sondern driften
auseinander. Die Hilfen stiften keinen Frieden, sondern wachsenden
Verdruss auf beiden Seiten. Das ist gefährlich und wird durch den
Schlingerkurs der Spitzenpolitiker in Europa auch nicht besser,
sondern schlimmer. Jetzt redet der Luxemburger Juncker, einst Mister
Europa, auch noch Italien und Belgien an den Rand der Katastrophe.
Schon scheint klar: Europa wird nicht europäischer, sondern
nationaler. Die große Idee, Europa über die Währung unumkehrbar zu
machen, steht vor dem Scheitern. Europa als Währungsunion ohne
politische Union, das funktioniert nicht. Und jene, die wie
Wirtschafts-Nobelpreisträger Friedman, schon vor 20 Jahren vor diesem
Experiment warnten, scheinen bedauerlicherweise Recht zu behalten.
Ohne den Euro würden die Griechen in der jetzigen Situation ihre
Drachme abwerten, wenig bis nichts würde passieren. Das geht aber nun
nicht mehr. Und weshalb? Weil Politik, gut gedacht, schlecht gemacht,
sich gegen wirtschaftliche Grundgesetze gestellt hat.
Schuld haben keineswegs nur diverse griechische Regierungen, die
zuerst ihr eigenes Volk und dann den Rest Europas belogen und
betrogen haben. Schuld haben auch die Regierungen in Paris und
Berlin, die alles wussten und doch nichts unternahmen. Die
europäische Versprechen gleich reihenweise brachen, voran jenes,
wonach ein blühender Staat einen welken nicht heraushauen darf.
Die Anzeigen-Kampagne diverser Groß-Unternehmen ist vor diesem
Hintergrund wohlfeil. Sie werben in eigener Sache. Wichtiger als
Beschwörungen und Durchhalteparolen wäre, dem Volk mit einem Plan zu
kommen. Denn es geht ja nicht um abstrakte Staatsknete oder das Geld
von Banken, sondern es geht immer und so gut wie ausschließlich um
das Geld der Steuerzahler. Der heutigen und ihrer Kinder.
Fazit: Es ist ein Jammer. Der Euro, der Europa sichern sollte,
wird zu seiner größten Gefahr. Mit Weiterwursteln à la Merkel/Sarkozy
ist es nicht mehr getan.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de
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