DER STANDARD-Kommentar "Selbstbedienungsladen ORF" von Harald Fidler
Geschrieben am 26-12-2011 |
"Wie 2006 liegt es an den Journalisten, ihre Unabhängigkeit zu
verteidigen" - Ausgabe 27.12.2011
wien (ots) - Alexander Wrabetz ist fulminant an seinem wichtigsten
Vorhaben gescheitert. An jenem Mantra, das er seit 2006 in jedem
Interview hervorholt. An der Glaubwürdigkeit eines unabhängigen ORF.
ORF-Journalisten und Veteranen, von Armin Wolf bis Gerd Bacher
rebellierten 2006 gegen eine zentralistisch-bürgerliche
ORF-Information. In ihrem Windschatten sammelte Alexander Wrabetz all
jene ein, die sich von der Kanzlerpartei ÖVP und ihrem ORF
geschnitten fühlten. Und Wrabetz versorgte sie, die ihn wählten, mit
Direktoren- und anderen Posten für ihre Vertrauensleute. Die
revoltierenden Redakteure bedachte Wrabetz mit mehr Sendeminuten,
auch höheren Dienstgraden; ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit
nahmen sie sich schon selbst heraus. Und traf es nicht gerade dessen
Freunde, konnten sich die Journalisten auf den Widerstandsgeist ihres
Infodirektors Elmar Oberhauser verlassen. Just Wrabetzx{2588} SPÖ
zog beim großen ORF-Tauschhandel 2006 den Kürzesten, wiewohl sie den
General bekam. Das kostete Wrabetz 2008/2009 beinahe den Generalsjob,
kaum war Werner Faymann SPÖ-Chef und Kanzler. Der ist ja ein Held der
Transparenz._Selten zeigten Politiker so klar, wie wenig mehr als ihr
Job und ihr Bild in den Medien für sie zählt und dass ihnen dieses
Bild auch viel öffentliches Geld wert ist. Funktion vor Mission oder
gar Vision: Alexander Wrabetz dürfte dieses Prinzip bekannt
vorkommen. Er wäre damit beileibe nicht der Erste an der ORF-Spitze.
Das macht den Zugang nur keinen Deut besser. Ebenso wenig das Wissen,
dass schon ÖVP-Klubsekretäre und SPÖ-Manager ORF-Generalsekretäre
waren oder wurden. Mit 1. Jänner 2012 wird Niko Pelinka, zuletzt
Fraktionssprecher der Roten im ORF-Stiftungsrat und Wrabetzx{2588}
Wahlhelfer dort, Bürochef des ORF-Generals. Dort gehen praktisch alle
Agenden des Gebührenfunks über seinen Schreibtisch. Pelinka ist nur
ein, wenn auch zentraler Baustein im großen Bild des ORF unter
Alexander Wrabetz und Werner Faymann. Dem Bild eines
Selbstbedienungsladens. Politik und mancher Mitarbeiter bedienen sich
im ORF. Und der ORF bei der Politik, mit Gebührenerhöhung,
Gebührenpflicht für alle und dergleichen Geschenken. Im ORF muss der
Radiodirektor weg, weil ein Vertrauter des Kanzlers dort seinen
Traumjob sieht. Sein logischer Nachfolger als TV-Chefredakteur muss
dem SP-Wunsch weichen (und kehrt nun vielleicht als Info-Aufpasser
für die unberechenbare TV-Direktorin ins Fernsehen zurück). Der
Infodirektor, Oberhauser, wird abgewählt, weil er sich gegen den
roten Chefredakteur querlegt. Auf blauen Wunsch wird ein
Technik-Vizedirektor erfunden. Auf schwarzen etwa ein
Bundesländerkoordinator, der als Betriebsrat im Stiftungsrat Wrabetz
wählte. Ein ehemaliger VP-Parteisekretär und Stiftungsrat wählt
Wrabetz und wird Tiroler ORF-Direktor. Nur Beispiele; neue kommen
2012 dazu. "Eine Hand wählt die andere", schrieb die Frankfurter
Allgemeine. 2007, im ersten Jahr als General, sagte Wrabetz, er
diskutiere lieber über Marktanteile als über Unabhängigkeit und
Objektivität des ORF. 2011, im schlechtesten Quotenjahr der
ORF-Geschichte, muss er doch beides argumentieren. Wie 2006 liegt es
an den Journalisten des ORF, ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit
zu verteidigen. Auf Generäle können sie nicht bauen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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