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WAZ: Breivik und die Medien - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 18-04-2012

Essen (ots) - Gräueltaten aus den Abgründen des Menschseins sind
schwer zu ertragen. Kaum vorstellbar, welche Torturen Mütter und
Väter, die Geschwister und Freunde der Opfer des verblendeten
Massenmörders Breivik erleiden mussten und jetzt während des
Prozesses erleiden müssen. Jeder Prozesstag eine Qual, weil der
Mörder auch noch Gelegenheit bekommt, sein krudes Gedankengut auf die
Bühne zu bringen. Damit erreicht der Wirrkopf scheinbar auch noch
sein Ziel, menschenfeindliches und rechtsradikales Geschwurbel ans
Publikum zu bringen, den norwegischen Rechtsstaat vorzuführen und die
Medien in Geiselhaft ihrer Sensationsgier zu nehmen. Der
Breivik-Prozess ist damit zur Bewährungsprobe der weltoffenen
Demokratie Norwegens geworden, einer Demokratie, die es ohne den
Rechtsstaat nicht gäbe. Das Rederecht eines Angeklagten gehört zu
diesem Rechtsstaat und ist ein Menschenrecht in der Europäischen
Union. Selbst eines Angeklagten wie Breivik. Der Prozess ist aber
auch eine Bewährungsprobe für die Medien und deren Journalisten, die
sich wie bei kaum einem anderen Prozess vorher fragen, welche Bilder
und Inhalte sie wie verbreiten oder eben nicht verbreiten. Im Wissen
darum, dass Breivik seine Öffentlichkeit auf geradezu perverse Weise
genießt. Nicht zu berichten, keine Fotos zu drucken, kann aber keine
Lösung für Zeitungen oder TV-Sender sein. Wie es keine Lösung für den
Rechtsstaat ist, den Angeklagten das Rederecht zu nehmen. Unsere
Aufgabe als Journalisten ist es nicht, zu unterdrücken, unser Aufgabe
ist es, zu demaskieren. Es ist die Gratwanderung zwischen
Informationspflicht und der Rücksichtnahme auf Angehörige und die von
Breivik Geschmähten. Wir ringen in der Redaktion jeden Tag aufs Neue
um die richtige Form, gewichten und suchen Fotos aus. Im Falle
Breivik zurückhaltend. So werden wir es auch halten, wenn es zum
Prozess gegen die Mitglieder der Zwickauer Neonazi-Zelle NSU kommen
sollte, auf die sich Breivik beruft. Mehr Demokratie, mehr Offenheit,
mehr Humanität - diese Reaktion des norwegischen Ministerpräsidenten
Stoltenberg auf die unfassbare Tat war sehr mutig, weitsichtig und
die einzig richtige. Fazit: Freiheit auszuhalten war selten schwerer.
Mit jedem weiteren Prozesstag wird sich Breivik als das entlarven,
was er ist: ein Massenmörder.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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