WAZ: Merkel geht. Oder auch nicht. Kommentar von Ulrich Reitz
Geschrieben am 15-04-2013 |
Essen (ots) - Sachen gibt es, die kann man nicht brauchen, wenn
man Bundeskanzlerin ist. Zum Beispiel die Spekulation darüber, wie
lange man es noch ist. Weshalb kann, trotz naturgemäß instabiler
Faktenlage, so ein Thema überhaupt dazu werden? Es liegt an der
Dramaturgie und am Zeitpunkt. Angela Merkel wird derzeit als mehr
oder weniger unangreifbar wahrgenommen. Das ist mindestens voreilig,
bis zum Wahltag ist es noch lange hin, und allein die
Anti-Euro-Partei könnte Schwarz-Gelb zum Ende verhelfen. Oder eine
gar nicht einmal so unwahrscheinliche neue Euro-Krise im Sommer,
diesmal nicht mit Zypern, sondern mit Italien oder Frankreich als
Hauptdarstellern. Gleichwohl: Merkel sitzt im Moment felsenfest im
Sattel, parteiinterne Konkurrenz gibt es, solange sich Ursula von der
Leyen diesbezüglich zurückhält, nicht. Weil das so ist, beschäftigt
ein neues, unerwartetes Szenario für das politische Ende der
Kanzlerin naturgemäß die Fantasie. Wer gesehen hat, wie am
Sonntagabend der Bundesumweltminister Altmaier, nach dem
2015-Rücktritt-Szenario befragt, herumgeeiert ist, weiß, welch ein
Geschenk für die Opposition diese Diskussion ist. Vertrackt ist die
Lage für das Regierungslager, weil Merkel sich kaum gegen solche
Spekulationen - ganz in der Luft hängen sie nicht - zur Wehr setzen
kann. Die für solche Fälle üblichen Sätze aus dem
Pressesprecher-Baukasten sind allesamt interpretationsfähig, etwa:
"Falls die Kanzlerin im September gewählt wird, tritt sie auch für
vier Jahre an." Was heißt das schon? Zwei Jahre später könnte sie es
sich ja anders überlegt haben. Andererseits: Wenn schon ein deutscher
Papst gegen alle Gewohnheit und Erwartung zurücktreten kann, weshalb
dann nicht eine deutsche Kanzlerin? Es wäre jedenfalls eine Premiere.
Bislang konnten Kanzler in Deutschland nicht von der Macht lassen.
Sie mussten abgewählt oder weggeputscht werden. Merkel hat sehr genau
studiert, wie sich das politische Ende Helmut Kohls abspielte, sie
war schließlich dabei. Sie mag es reizvoll finden, sich ein solches
zwanghaftes Finale zu ersparen. Passen würde es nicht zu ihr, der
Pflichterfüllungsfrau.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
458161
weitere Artikel:
- WAZ: Pflege im Minutentakt. Kommentar von Wilfried Goebels Essen (ots) - Zeit ist Geld - auch in der ambulanten Pflege. Wenn
Pfleger aber im Minutentakt von Bett zu Bett hetzen müssen, bleibt
die Zuwendung für den Patienten leicht auf der Strecke.
Krankenkassen, denen der Zahnersatz mehr wert ist als die ambulante
Pflege, haben die Dimension der demografischen Herausforderung nicht
verstanden. Die Gesellschaft altert, der Bedarf an Pflegern wächst.
Die Parole "ambulant vor stationär" ist allerorten präsent, die
Probleme liegen in der Umsetzung. Das Image des Pflegeberufs ist
schlecht, weil mehr...
- Weser-Kurier: Kommentar zur Debatte um die Frauenquote Bremen (ots) - Statt Sachpolitik geht es mal wieder nur um Macht.
Das ist nicht neu, ärgerlich bleibt es trotzdem, denn ist es wirklich
zu viel verlangt, von einer Partei - noch dazu einer mit
Regierungsverantwortung und dem Anspruch, wiedergewählt zu werden -
eine klare Kursbestimmung zu verlangen? Was ist das für ein
widersprüchliches Signal: Einerseits eine gesetzliche Frauenquote ab
2020 ins Wahlprogramm aufzunehmen, andererseits aber jetzt im
Bundestag genau gegen eine solche Regelung zu stimmen? Aber diese
Rumeierei hat die mehr...
- Lausitzer Rundschau: Eine Beruhigungspille
Die Union und das Ringen um die Frauenquote Cottbus (ots) - Da hat die Unionsspitze zähneknirschend Ursula von
der Leyen den politischen Kopf gerettet. Der gestrige Kompromiss, die
gesetzliche Frauenquote mit ins Wahlprogramm aufzunehmen, nimmt die
Arbeitsministerin vorerst aus der Schusslinie. Kein Streit vor der
Wahl! Von der Leyen muss sich ihrerseits nun solidarisch zeigen und
am Donnerstag auf eine Meuterei bei der Quoten-Abstimmung im
Bundestag verzichten. Alles andere wäre politisches Harakiri der
ambitionierten Stellvertreterin von CDU-Chefin Angela Merkel. Erst
nach mehr...
- Lausitzer Rundschau: Bayerisches Amtsgericht
Zur Verschiebung des NSU-Prozesses Cottbus (ots) - Es ist wie mit dem berühmten Stuhlbeinkürzen: Sägt
man an dem einen Bein, dann sind bald die anderen zu hoch, der Stuhl
steht schief. Also muss man wieder ran und sägt immer weiter, mal
hier, mal da. Bis man schließlich ganz unten ist und auf seinem
Hosenboden sitzt. Da genau ist nun auch das Oberlandesgericht München
mit dem NSU-Prozess angelangt. Die erste Fehlentscheidung, die
Zufallsauswahl der Presseberichterstatter nach dem Windhundprinzip,
hat alle anderen nach sich gezogen. Hat den Sturm der Entrüstung
entfacht, mehr...
- Verteidigerin: Zschäpe wird im Prozess schweigen - Mordanklage "basiert auf Vermutungen" Köln/Berlin (ots) - Beate Zschäpe wird sich auch im NSU-Prozess
nicht zu den Tatvorwürfen äußern. Das bestätigte ihre Verteidigerin
Anja Sturm in der ARD-Sendung hart aber fair (15.4.2013) im Gespräch
mit Frank Plasberg: "Frau Zschäpe hat sich entsprechend in enger
Abstimmung mit uns entschieden, sich nicht zu den Vorwürfen zu
äußern", sagte sie.
Sturm äußerte zwar Verständnis dafür, dass die Angehörigen der
Opfer auf eine Aussage von Frau Zschäpe hoffen. "Natürlich verstehen
wir das als Menschen", sagte sie. Es sei aber ein mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|