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Boom bei Gelenkersatz: Fluch oder Segen?

Geschrieben am 29-11-2013

Bremen (ots) - Krankenkasse hkk präsentiert Gesundheitsreport zu
endoprothetischen Operationen des Knie- und Hüftgelenks: Leichter
Anstieg bei hkk-Versicherten im Gegensatz zu bundesweitem Trend /
Forderung nach Ausschöpfung gelenkerhaltender Maßnahmen und besserer
Aufklärung der Patienten / Ausführliche Informationen unter hkk.de

Die Endoprothetik - der operative Einsatz von Implantaten in den
Körper, um geschädigte Gelenke dauerhaft zu ersetzen - verbessert die
Lebensqualität vieler Patienten mit degenerativen Gelenkerkrankungen
und ist aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Manche
Experten sind jedoch davon überzeugt, dass rund zehn Prozent der
Operationen in Deutschland unnötig sind. Im Vergleich zu anderen
OECD-Ländern (Organisation für Economic Cooperation and Development)
ist Deutschland Spitzenreiter bei der endoprothetischen Versorgung
mit Hüft- und Kniegelenken. Ärzte und Krankenhäuser müssen sich mit
dem Vorwurf auseinandersetzen, das eigene wirtschaftliche Interesse
über das ihrer Patienten zu stellen. Wird in Deutschland zu schnell
operiert?

Für den heute in Bremen präsentierten hkk-Gesundheitsreport
untersuchte Dr. Bernard Braun, Leiter des Bremer Instituts für
Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung (BIAG), die Häufigkeit von
endoprothetischen Operationen des Knie- und Hüftgelenks bei
hkk-Versicherten. Dr. med. Bertram Regenbrecht, Chefarzt des Zentrums
für Endoprothetik, Fußchirurgie, Kinder- und Allgemeine Orthopädie
der Roland Klinik Bremen, kommentierte als unabhängiger Fachexperte
die Studienergebnisse aus dem Blickwinkel der klinischen Praxis.

Untersuchungsdesign

Auf Basis anonymisierter hkk-Versicherten-Routinedaten wurden die
Entwicklung und Häufigkeit von endoprothetischen Operationen des
Knie- und Hüftgelenks sowie von Revisionen (also Nachoperationen)
bzw. Wechseln von Endoprothesen in den Jahren 2008 bis 2012
untersucht. Für die qualitative Analyse analysierte das BIAG auch die
vor- und nachoperative Inanspruchnahme ausgewählter Leistungen wie
ambulant-ärztliche Behandlungsfälle, Heil- und Hilfsmittel sowie
Arzneimittel.

Immer mehr Operationen bei hkk-Versicherten

Im Untersuchungszeitraum stieg die Anzahl der Operationen bei
hkk-Versicherten nahezu kontinuierlich an. Während im Jahr 2008 noch
598 operierte Hüft-Endoprothesen registriert wurden, waren es 2012
bereits 723 - eine Zunahme von 21 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt
sich bei den Knie-Endoprothesen mit 347 Fällen in 2008 gegenüber 432
Fällen in 2012, was einer Steigerung von 24,5 Prozent entspricht.

Gleichwohl: hkk-Versicherte im bundesweiten Vergleich seltener
operiert

Bundesweit stagniert laut Angaben des Statistischen Bundesamtes
(Destatis) die Anzahl der erstimplantierten Hüft- und
Knie-Endoprothesen seit 2009 auf hohem Niveau. Um die
Vergleichbarkeit der hkk-Daten mit anderen Studien zu gewährleisten,
verwendet die Studie die Zahl der Fälle pro 100.000 Versichertenjahre
(VJ) als gemeinsame Berechnungsgrundlage. Dabei ergibt sich, dass
hkk-Versicherte im Vergleich zum bundesweiten Behandlungsgeschehen
seltener eine Knie-Prothese erhalten: Im Referenzjahr 2011 waren es
118,2 Erstimplantationen je 100.000 VJ, während der bundesweite
Vergleichswert bei AOK-Versicherten 129,5 betrug. "Dieses Ergebnis
überrascht nicht, da hkk-Versicherte im Durchschnitt jünger sind als
AOK-Versicherte", erklärt Braun. Im gleichen Jahr wurden bei der hkk
175,8 erstmalige Hüft-Endoprothesen je 100.000 VJ eingesetzt. In
diesem Fall liegen jedoch keine Referenzzahlen für den
Bundesdurchschnitt vor.

Mehr Revisionen und Wechseln, trotzdem kein Hinweis auf
Qualitätsprobleme

Der hkk Gesundheitsreport zeigt einen deutlichen Anstieg von
Revisionen und Wechseln bei hkk-Versicherten: Von 2008 bis 2012
zeigte sich bei Hüft-Endoprothesen ein prozentualer Anstieg von 75
Prozent; bei Knie-Endoprothesen lag dieser Wert bei 45 Prozent.
Bundesweit nahmen die Revisionen und Wechseln bei Knie-Endoprothesen
im Vergleichszeitraum mit 43 Prozent ähnlich stark zu; die Anzahl der
Hüft-Endoprothesen ist jedoch seit 2009 leicht rückläufig. "Über die
Gründe der steigenden Revisionseingriffe können wir nur spekulieren",
so Bernard Braun. Es müsse jedoch die durchschnittliche Standzeit
eines erstimplantierten Hüft- oder Kniegelenks von 10 bis 15 Jahren
berücksichtigt werden. Logisch ist: Eine steigende Anzahl
Erstimplantationen führt zeitversetzt zu einer steigenden Anzahl von
Revisionen. "Und je jünger die Patienten sind, desto wahrscheinlicher
muss ein implantiertes Gelenk mindestens einmal ersetzt werden,
verbunden mit allen Risiken und nachoperativen Beschwerden."

Forderung nach Ausschöpfung gelenkerhaltender Maßnahmen und
besserer Aufklärung

Die Menge der vor den Operationen verordneten Heilmittel sowie der
schmerzmildernden oder -stillenden Verfahren erschien Dr. Braun
relativ gering - "vor allem, da sie zur Vermeidung von Operationen
beitragen können und ihren Nutzen nachgewiesen haben. Daher sollten
solche Behandlungsmöglichkeiten vor einer OP voll ausgeschöpft
werden," so Dr. Braun.

Zudem seien die Beratungsangebote für Patienten auszubauen. Dabei
sollten insbesondere die nachoperative Gesundheits- und
Lebensqualität realistisch dargestellt und überhöhte Erwartungen
relativiert werden. Beispielsweise müssen viele Patienten damit
rechnen, dass auch noch sechs oder mehr Monate nach einer Operation
eine regelmäßige Weiterbehandlung und die Einnahme von Schmerzmitteln
notwendig sind.

Zur Patienteninformation empfiehlt der hkk-Gesundheitsreport so
genannte Decision aids, die auf der Basis bestmöglichen und neutralen
Wissens über die Folgen einer Operation informieren und eine an
persönlichen Bedürfnissen orientierte Entscheidungsfindung
ermöglichen. In einer 2012 veröffentlichten US-amerikanischen Studie
nahm die Zahl der Patienten, die sich für eine Hüft- bzw.
Knie-Endoprothesen-Operation entschieden, nach der Nutzung von
Decision aids um 26 Prozent beziehungsweise 38 Prozent ab. Die hkk
wird die Entwicklung solcher Entscheidungshilfen in Zusammenarbeit
mit unabhängigen Experten unterstützen.

Demgegenüber betonte Dr. Regenbrecht von der Roland-Klinik Bremen
die Bedeutung des persönlichen Arzt-Patienten-Gesprächs, da nur hier
auf die individuelle Situation des einzelnen Patienten eingegangen
werden könne. Zudem seien Krankengymnastik und andere Heilmittel
nicht in jedem Fall geeignet, den Gelenkverschleiß und damit die
Notwendigkeit einer Operation hinauszuzögern. Die hohe Zahl an
Operationen in Deutschland könne vor allem durch den hierzulande sehr
guten Zugang zur Gesundheitsversorgung begründet werden.

Ergänzend plädieren die Autoren des hkk-Gesundheitsreports für
eine Teilnahme aller Kliniken am freiwilligen Endoprothesen-Register
(EPRD, eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Orthopädische Chirurgie). Diese zentrale Erfassungsstelle sammelt und
analysiert Daten zu Erst- und Folgeoperationen, die künftig zur
Qualitätsverbesserung genutzt werden sollen.

Über die hkk Erste Gesundheit:

Die hkk zählt mit mehr als 360.000 Versicherten (darunter 260.000
zahlende Mitglieder), 27 Geschäftsstellen und 2.000 Servicepunkten zu
den 20 größten bundesweit geöffneten gesetzlichen Krankenkassen. Als
erste Kasse in Deutschland zahlt sie ihren Mitgliedern bereits seit
2009 jährlich Beiträge zurück; für 2013 beträgt diese hkk-Dividende
100 Euro. Sie soll auch 2014 beibehalten werden. Gleichzeitig
erweitert die hkk ihr breites Angebot an Extraleistungen: So können
sich Versicherte die Kosten für Naturarzneimittel, Osteopathie,
erweiterte Schwangerschaftsvorsorge und sportmedizinische
Untersuchungen erstatten lassen. Vergünstigte private
Zusatzversicherungen der LVM ergänzen das Angebot. Gute Noten
erreicht auch die hkk-Servicequalität: 2013 vergab der TÜV Nord die
Wertung "gut", das M+M Versichertenbarometer die Note 1,73 für die
Kundenzufriedenheit. Die hkk wurde 1904 gegründet und gehört zum
Verband der Ersatzkassen (vdek). Mehr als 700 Mitarbeiter in Bremen
und Oldenburg betreuen ein Ausgabenvolumen von 846 Mio. Euro bei
Verwaltungskosten, die deutlich unter dem Branchendurchschnitt
liegen. Als Arbeitgeber bietet die hkk zahlreiche
Weiterbildungsmöglichkeiten und fördert die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf. Gleichzeitig fühlt sie sich einem nachhaltigen Umgang mit
den Umweltressourcen verpflichtet.



Pressekontakt:
hkk Erste Gesundheit, Martinistr. 26, 28195 Bremen
Holm Ay, Tel 0421.3655-1000, Maike Kromminga, Tel 0421.3655-3177
presse@hkk.de; www.hkk.de


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