neues deutschland: Nelson Mandelas: Die Tränen der Krokodile
Geschrieben am 06-12-2013 |
Berlin (ots) - Die Bundeskanzlerin hat Nelson Mandela als »Vater
einer endlich freien Nation« und »Gigant der Geschichte« gewürdigt.
In ihren Worten liegt ehrliches Mittrauern über seinen Tod. Angela
Merkel wuchs in einem Land auf, in dem die Ächtung des früheren
Apartheid-Regimes, die Solidarität mit seinen Opfern und Gegnern
keine leere Formel war. Nun aber regiert sie einen Staat und eine
Partei, in denen bis fast 1990 anderes galt. Diese Geschichte mit zu
schultern, ist keine persönliche Pflicht - und wäre doch ein Gebot
ihrer jetzigen Ämter. Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende hat es
unterlassen. Konzerne und Politiker der Bundesrepublik waren eifrige
Förderer und Partner des bis 1994 amtierenden Apartheid-Regimes:
Westdeutschland bezog Uran aus Südafrika, lieferte im Gegenzug
Technologien für Pretorias Basteln an einer Atombombe. Die Bundeswehr
bildete südafrikanische Offiziere aus, verschaffte ihnen sogar Zugang
zu geheimen NATO-Unterlagen. Daimler-Benz half den Rassisten beim Bau
von Panzermotoren; bei anderen Militärprojekten kooperierten und
verdienten AEG-Telefunken, Blohm & Voss, Klöckner, Krupp ,
Rheinmetall, Siemens, STEAG, Thyssen... 1983 antwortete die
Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen: Eine »verwertbare
Statistik« zu Waffenexporten an Südafrika sei »nicht verfügbar«. Das
Blut von Steve Biko, der aufständischen Schüler in Soweto und
zahlloser anderer Opfer der Apartheid klebte dick in bundesdeutschen
Bilanzen. Manches geschah auch gegen geltende Richtlinien. Dazu sagte
der ANC-Vertreter Pallo Jordan einst treffend: »Das Kind mag
unehelich sein, aber die Vaterschaft ist unbestritten.« Zu dieser
gehörte eine Reisenotiz von zwei CDU-Abgeordneten 1971: »Auf
Jahrzehnte, wohl Generationen, gibt es zur derzeitigen Politik der
Apartheid ... kaum eine Alternative, es sei denn das Chaos.« Ihr
Geschäftsführer empfahl den Report seiner Fraktion zur
Aufmerksamkeit. Die »Welt« schrieb in ihrer gestrigen Online-Ausgabe,
Mandela habe sein Land »zusammengeführt wie es niemand vor oder nach
ihm vermochte«. Das textete man bei Springer früher anders. Als
Heiner Geißler, einer von wenigen, argwöhnisch beäugten
Apartheid-Gegnern in der CDU, Mandelas »bedingungslose Freilassung«
forderte, las man in jener Zeitung: »Das Wort 'bedingungslos' geht
genau einen Schritt zu weit.« Wir schrieben bereits das Jahr 1988,
Mandela war fast 70 und saß inzwischen 26 Jahre im Gefängnis. Die
deutschen Konservativen sahen ihn immer noch zu Recht inhaftiert,
weil er - 1960 nach dem Massaker von Sharpeville - den bewaffneten
Kampf gegen die Rassisten bejaht hatte. In manch heutigem Nachruf
fließen die Tränen der Krokodile.
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