DER STANDARD - Kommentar: "Spielen mit Madibas Erbe" von Christoph Prantner
Geschrieben am 06-12-2013 |
"Der ANC und Präsident Zuma gefährden das Versöhnungswerk
Nelson Mandelas" (Ausgabe vom 7.12.2013)
Wien (ots) - Zukunft braucht Herkunft, sagen weise Geister. Und
Herkunft, die brauche Erinnerung - an die Zeiten, in denen es
Südafrika nicht so gut ging wie in diesen Tagen. Zeiten, in denen
schwarze Kinder auf offener Straße zu Hunderten von weißen
Milizionären umgebracht wurden, weil sie sich weigerten, in der
Schule Afrikaans zu lernen. Zeiten, in denen es ausreichte, für die
gerechte Sache, für Gleichbehandlung und Freiheit ein?zutreten, um
auf Jahrzehnte hinter Gittern zu landen. Diese Zeiten sind vorbei.
Nelson Mandela, der am Donnerstag am Ende seines langen Wegs zur
Freiheit angekommen ist, hat sie der Geschichte überantwortet. Durch
entwaffnende Humanität, durch den Sinn des weisen Staatsmannes für
das Nötige und die Einsicht des Pragmatikers in das Mögliche. In
großer Geste hat er seine Faust für ein neues Südafrika in den Himmel
gestreckt, in kleinen Schritten an Vergebung und Versöhnung
gearbeitet. Dieser Prozess stand Anfang der 1990er-Jahre mehrfach auf
des Messers Schneide. Mandela, Frederik Willem de Klerk und ihre
Chefverhandler Roelf Meyer und Cyril Ramaphosa haben ihn nicht nur in
Gang ?gehalten, sie haben daraus einen der größten politischen
Erfolge gemacht, die die Welt je gesehen hat. Deswegen liegen
einander heute schwarze und weiße Südafrikaner in den Armen und
trauern um "Madiba". Das ist das Erbe, das Nelson Mandela der Welt
und vor allem seinen Landsleuten hinterlassen hat - ein Erbe, das
seine Nachfolger leichtfertig zu verspielen drohen. Ich kann den
Rauch riechen, das Feuer rückt näher", sagte ein junger schwarzer
Südafrikaner dem Autor dieser Zeilen vor wenigen Monaten bei einem
Besuch in Soweto. Die Jungen in Südafrika - schwarze wie weiße - sind
unzufrieden mit der Politik des African National Congress, Mandelas
politischer Heimat. 62 Prozent sagten in einer Umfrage der
Wochenzeitung Mail & Guardian, dass der derzeitige Präsident Jacob
Zuma keinen guten Job mache. Armut grassiere, Bildungspolitik
versage. Die Erklärungen für die Ernüchterung in Südafrika sind
vielfältig: Rassismus und Kolonialgeschichte wirkten weiterhin nach,
die Wirtschaft ? sei weiter in den Händen der Weißen,
Widerstandsbewegungen wie der ANC hätten generell Probleme, sich zu
staatstragenden Parteien zu wandeln. Der tatsächliche Grund für die
Schwierigkeiten Südafrikas ist allerdings, dass keiner der Nachfolger
Mandelas dessen Format hat(te). Madiba war ein widersprüchlicher
Mann, ein afrikanischer Aristokrat mit britischer Erziehung, und
weitgehend frei von Eigeninteressen. Im krassen Gegensatz zu ihm gibt
sich vor allem Zuma kräftig Mühe, alle Klischees kleptokratischer
afrikanischer Despoten zu erfüllen. Erst vor kurzem wurde ein Skandal
um Staatsgelder für Investitionen auf seinem Privatanwesen
öffentlich. Mandela hat sich 1999 von seinem Präsidentenamt und 2004
aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Seither sind die ANC-Führer
immer wieder zu ihm gepilgert, um Legitimität aus seinem Glanz zu
ziehen. Bei den 2014 ?anstehenden Wahlen werden der ANC und Zuma mit
großer Wahrscheinlichkeit wieder von der Ausstrahlung Mandelas
profitieren und gewinnen. Dann wird man sehen, ob dessen Beispiel als
Auftrag begriffen wird. Ist das nicht der Fall, wird Südafrika nicht
nur den Rauch, sondern auch jenes Feuer sehen, das Mandela so lange
kleingehalten hat.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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