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Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Gauck/Sotschi - Ein klares Zeichen

Geschrieben am 08-12-2013

Ravensburg (ots) - Wenn reiner Pragmatismus die Regierungskunst
bestimmt, dann bleiben Prinzipien auf der Strecke. Die Beliebigkeit
dominiert dann die Grundsatztreue. Staatsoberhäuptern, die für das
operative Geschäft nicht zuständig sind, kann in einer solchen
Situation die Rolle zufallen, Zeichen zu setzen und damit
Orientierung zu bieten. Bundespräsident Gauck hat mit seiner
Entscheidung, die Olympischen Winterspiele in Russland nicht besuchen
zu wollen, ein solches Zeichen gesetzt.

Wer daraus einen Olympiaboykott konstruiert, übertreibt und
missversteht den Präsidenten, für den der Dialog eine wichtige Rolle
in seinem Leben spielt. Dennoch kann die Weigerung, sich im
VIP-Bereich von Sotschi zu tummeln, als klares Statement gegen die
autoritäre Politik des Kreml verstanden werden. Unpolitisch waren
Olympische Spiele und andere große Sportveranstaltungen noch nie. Und
die Harmoniesoße, die das Internationale Olympische Komitee oder der
Fußball-Weltverband über ihre lukrativen Geschäftsmodelle zu schütten
pflegen, sollte nicht Menschenrechtsverletzungen und
Diskriminierungen von Minderheiten überdecken.

Dennoch wird der Entschluss Gaucks kein politisches Erdbeben
auslösen. Wladimir Putin wird damit leben können, da kaum zu erwarten
ist, dass es tatsächlich zu einer koordinierten, internationalen
Aktion kommen sollte, die dann auch wirklich Boykott genannt werden
dürfte. Die künftige Bundesregierung wird sich aber mehr als nur
einen Gedanken über die Beziehungen Deutschlands und Europas zu
Russland machen müssen. In den vergangenen Jahren haben sich diese
stetig verschlechtert. Es sei nur an die Razzien bei deutschen
Stiftungen oder den vor Kameras ausgetragenen Disput zwischen Putin
und Merkel über die Verfolgung der Punkband Pussy Riot erinnert.

Rechtsstaatlichkeit gehört zu den Grundfesten europäischer
Politik. Joachim Gauck hat darauf mehrfach hingewiesen. Mit seiner
Entscheidung gegen eine Reise nach Sotschi beweist er nun
Prinzipientreue.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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