DER STANDARD-Kommentar "Verfangen in der Ideologie" von Michael Völker
Geschrieben am 09-12-2013 |
Der koalitionäre Schaukampf neigt sich seinem Ende zu - ganz
pragmatisch
Wien (ots) - Wieder einmal die Ideologie. Bei der Schule.
Differenzierung, Leistung und Elitenbildung auf der einen Seite,
Chancengleichheit auf der anderen. Bei den Steuern. Leistung muss
sich lohnen auf der einen Seite, Gerechtigkeit und Umverteilung auf
der anderen. Und jetzt kocht der Ideologiestreit auch anhand des
Themas Privatisierung hoch. Besser wirtschaften, mehr privat und
weniger Staat steht auf der einen -Seite, wir dürfen das
Staatseigentum nicht verscherbeln, hält die andere Seite warnend
dagegen. Und beide Seiten sagen: Es darf nicht um die Ideologie gehen
- während sie haarscharf an genau dieser ideologischen Kante entlang
argumentieren. Die ÖVP möchte aus dem Abstoß staatlicher Anteile Geld
für das Budget lukrieren. Bei genauerem Hinschauen ist da gar nicht
viel drinnen, das musste auch die ÖVP erkennen, wenn sie das
Faktische akzeptiert. Laut Berechnungen des Standard wären bei einem
Verkauf der Staatsanteile bis zur Sperrminorität von 25 Prozent bei
Post, Telekom und OMV maximal 1,5 Milliarden drin. Ein Batzen Geld.
-Relativ gesehen, in Vergleich zu den Staatsschulden aber nur der
sprichwörtliche Tropfen. Durch die ideologische Brille betrachtet
ergibt sich aber sowieso ein anderes Bild: Bei der ÖBB ist gar nichts
möglich, das hält die SPÖ nicht aus. Bei aller ideologischen
Verbohrtheit gibt es hier ein striktes Nein. Das akzeptiert auch die
ÖVP, nahezu ehrfürchtig. Über den ORF braucht man gar nicht reden,
staatlicher Bildungsauftrag und so, abgesehen davon würde sich
Kanzler Werner Faymann davor hüten, seine Einflussmöglichkeiten auf
den staatlichen Rundfunk auch nur ansatzweise zu schmälern. Und das
ist der wesentlichere Grund. Sind ohnedies schon frech genug, die
ORF-Redakteure. Eine Privatisierung der Post würde jedenfalls Geld
bringen, aber die SPÖ sieht in aller ideologischen Verklärtheit im
Briefträger immer noch den braven Staatsdiener. Abgesehen davon sind
die roten Postgewerkschafter ähnlich renitent wie die ÖBBler, diesen
Konflikt im eigenen Lager will sich Faymann nicht antun. Die OMV
bringt dem Staat mit guter Auftragslage ?gutes Geld, außerdem gibt es
internationale Kooperationen, da macht eine Privatisierung wenig
Sinn. An der Telekom hält der Staat ohnedies nur mehr 28 Prozent, und
der Verbund gilt als schwarz, da legt die SPÖ freudig die Ideologie
zur Seite und sagt: Juchu, lasst uns doch privatisieren. Insgesamt
gibt es also sehr viel Debatte, aber wenig Umsetzungsspielraum. Das
ganze Thema ist nichts anderes als ein Schaukampf, eher auf
Heumarkt-Niveau als internationale Klasse. Was doch noch an
Änderungen kommt: Die Familienbeihilfe wird ?erhöht, damit wird ein
Wahlversprechen eingehalten, das ist die gute Nachricht, das Geld
soll aus dem Topf für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen
kommen, das ist die schlechte Nachricht. Die Lehrer werden vorerst
doch nicht verländert, das ist die gute Nachricht, die Länder wollen
sich nicht festlegen, wie sie ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung
leisten werden, das ist die schlechte Nachricht, und niemand traut
sich zu widersprechen. Dennoch: Gegen Ende dieser Woche scheint es
eine Regierung zu geben, Faymann und Spindelegger machen es wieder
miteinander, und da stellt sich ganz ernsthaft die Frage, eher
pragmatisch als ideologisch: Ist das jetzt eine gute oder eine
schlechte Nachricht?
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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