Mittelbayerische Zeitung: Nach Triumphen muss CSU Demut lernen - In der großen Koalition ist die Seehofer-Partei nur dritter Sieger. Daran ist nichts zu beschönigen. Von Christine Schröpf
Geschrieben am 17-12-2013 |
Regensburg (ots) - In Bayern top, in Berlin nur dritter Sieger.
Die Demut, die CSU-Chef Horst Seehofer seiner Partei nach der
Rückeroberung der absoluten Mehrheit im Freistaat als stete
Trockenübung prophylaktisch empfohlen hat, lehrt nun die Realität.
Wer in München zum Abheben neigt, kann jederzeit durch Stippvisiten
in Berlin kuriert werden. So endet das Jahr für die CSU trotz großer
Triumphe bittersüß. Zwar bleibt es bei drei Ministern im
Merkel-Kabinett. Doch einmal abgesehen vom neuen Verkehrsminister
Alexander Dobrindt, verfügen sie über Ressorts mit überschaubarem
Einfluss. Dieser Tage ergießt sich ein gerüttelt Maß an Spott über
den bayerischen Riesen CSU, der in Berlin auf Normalmaß geschrumpft
wird. Seehofer hat sich das mit seinem kraftstrotzenden Auftreten
auch selbst eingehandelt. Doch auch im verdienten Spott kommt es zu
schrägen Übertreibungen. Seehofer und seine Minister sind mitnichten
über Nacht zu Merkels Teppichvorlegern mutiert. Die simple Wahrheit:
Mehr Einfluss war in einer großen Koalition für die CSU nicht drin.
Die SPD liegt nun mal anders als der frühere Koalitionspartner FDP
bei 25,7 und nicht bei 14,6 Prozent und bringt als Morgengabe
wichtige Stimmen im Bundesrat mit. Die CSU brachte bei der
Bundestagswahl ins Unionsergebnis dagegen 7,4 Prozent ein. Man musste
kein Mathematikkünstler sein, um vorab zu wissen, dass das nicht ohne
Folgen bleiben kann. Der Bedeutungsverlust in Berlin lässt sich also
ganz nüchtern erklären. Putzig mutet deswegen an, wie das Ergebnis
von Seehofer nun künstlich überhöht wird. Das Entwicklungsministerium
mutiert dabei zum zweiten Außenministerium mit Schlüsselfunktionen.
Wirklich jetzt? Wo doch jeder weiß, dass selbst das "Außenministerium
I" in den letzten Jahren an Glanz verloren hat, weil die wichtigsten
internationalen Regierungsgeschäfte von Kanzlerin Angela Merkel am
liebsten gleich selbst miterledigt werden. Es lässt sich nichts daran
deuteln, dass die Ausbeute der CSU mager ist. Doch entscheidend ist,
was die Partei daraus in den kommenden vier Jahren macht. Die
Kampfformation steht jedenfalls. Dobrindt kommt dabei eine
Schlüsselrolle zu. Er soll die Schlagkraft der Minister und
Staatssekretäre bündeln und damit eine offene Flanke schließen. Im
Vorgänger-Kabinett hatte sich dafür aus der CSU-Riege erkennbar
niemand zuständig gefühlt. Seehofer spricht ganz offen über Dobrindts
neue Stellenbeschreibung und verweist das mögliche Scheitern des
Verkehrsministers ins Reich der Unmöglichkeiten. Der CSU-Chef bürdet
seinem Statthalter in Berlin bei überschaubaren Bataillonen am
Kabinettstisch damit vordergründig eine hohe Bringschuld auf. Es ist
aber vor allem als Botschaft an CDU und SPD gedacht: Wer Dobrindt
ausbremst, bekommt es im Koalitionsausschuss sofort mit Seehofer
selbst zu tun. Dobrindt kleben aus seiner Zeit als Generalsekretär
zwei Etiketten an: Das des Rabauken - und das des absoluten
Seehofer-Getreuen. Er ist aber auch ein beharrlicher und
zielorientierter Manager. Wenn es jemandem zuzutrauen ist, dass er
ein europataugliches Konzept für eine Pkw-Maut vorlegt und durchboxt,
dann ihm. Daran wird er von Seehofer auch gemessen werden. Der
CSU-Chef möchte das Wahlversprechen, das er im Sommer bei jedem
Auftritt verkündete, unbedingt einlösen. Dobrindts Vorgänger, Peter
Ramsauer, flog auch deshalb aus dem Kabinett, weil er die Mautpläne
mit so wenig Verve vorantrieb, dass fast schon von
Arbeitsverweigerung zu sprechen war. Als Anfang Dezember publik
wurde, dass Ramsauer noch immer keinen Plan hatte, war das Schicksal
von "Zar Peter" besiegelt. Ramsauer steht in der Seehofer-CSU auf dem
Abstellgleis. Mit Dobrindt aber wird ein potenzieller neuer Kronprinz
geboren: Auch er, wie Markus Söder und Ilse Aigner, mit
Mammutaufgaben befrachtet - aber auch mit der Chance, sich für höhere
Aufgaben zu empfehlen oder an die eigenen Grenzen zu stoßen.
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