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Schwäbische Zeitung: Stellt Euch vor, es wäre Krieg - Leitartikel

Geschrieben am 25-04-2014

Ravensburg (ots) - In Deutschland und in Frankreich werden
Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs
vorbereitet. Aber nicht nur dort, sondern auch in Russland und in
Großbritannien wird man dieses Ereignisses gedenken, das Europa bis
heute prägt. Und während wir also gedenken und erinnern, während sich
gleichzeitig ein strahlender, grüner Sommer mit viel Fußball
ankündigt, braut sich an der ukrainisch-russischen Grenze etwas
zusammen. Der verletzte Stolz rückwärtsgewandter Russen trifft auf
den Aufbruchswillen der Ukrainer, ziellose westeuropäische Politik
kollidiert mit testosterongetriebenem russischem Imperialgehabe.

Es könnte Krieg geben. Mitten in Europa, 100 Jahre nach dem Ersten
Weltkrieg, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, einen Krieg
an den Außengrenzen der EU und der Nato. Der russische Präsident
Wladimir Putin hat bisher noch alle Befürchtungen übertroffen.
Glücklicherweise hat er im Westen außer rechtspopulistischer
Parteien, der deutschen Linken sowie Altkanzler Gerhard Schröder kaum
noch Anhänger. Da er seit der Krim-Krise immer mehr zumutet als wir
eigentlich zu akzeptieren bereit wären, sein Handeln aber keine
Konsequenzen nach sich zieht, sollten wir uns an den Gedanken
gewöhnen, dass einem Putin vor solch einem Krieg womöglich nicht
besonders bange ist.

Dies wird kein Dritter Weltkrieg vielleicht, wie die Führung in
Kiew dramatisch erklärt. Aber ein Besatzungskrieg mit massiven Folgen
für Westeuropa. Der bejubelte Aufschwung in Deutschland wäre schnell
dahin. Finanzminister Wolfgang Schäuble warnt seit Wochen schon vor
den Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft. Die EU und damit auch
Deutschland werden die beachtlichen Nebenkosten eines solchen Krieges
tragen müssen, etwa die Versorgung von Flüchtlingen, die humanitäre
Hilfe in Kriegsgebieten, die budgetäre Unterstützung für eine
geschwächte Regierung in Kiew.

Bis vor ein paar Monaten schien nur schon die Vorstellung von
einem Krieg in Europa abstrus. Heute ist solch ein Krieg bedrückend
nah.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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