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DER STANDARD-Kommentar: "Schlechte Karten im Medienkrieg" von Eric Frey

Geschrieben am 21-07-2014

Im Nahostkonflikt ist der Vorwurf der Einseitigkeit an
Journalisten unvermeidbar. (Ausgabe vom 22.7.2014)

Wien (ots) - Der Nahostkonflikt war immer schon ein Medienkrieg,
in dem mit Begriffen, Bildern und oft verzerrten Informationen
versucht wird, Stimmung gegen die feindliche Seite zu machen. Die
Ausbreitung von Social Media hat zu einer massiven Aufrüstung auf
dieser zweiten Front geführt. Aber dieser mediale Kampf wird auch auf
einer weiteren Ebene geführt, vor allem in Europa. Hier werden seit
gut 40 Jahren den Nachrichtenagenturen, Zeitungen und
Fernsehstationen von beiden Seiten Parteinahme und Einseitigkeit
vorgeworfen. In Israel und in vielen jüdischen Gemeinden gilt eine
anti-israelische Berichterstattung als feste Tatsache, die gar keiner
Belege mehr benötigt. Aber auch bei den Demonstrationen in Europa
gegen Israels Gazaoffensive wird lautstark der Vorwurf erhoben,
westliche Medien würden Israels Politik aus Schuldgefühlen für den
Holocaust (oder wegen des Einflusses der jüdischen Lobby) stets
verteidigen und das Leid der Palästinenser ignorieren. Beide Seiten
können nicht recht haben, was den Medienschelten allerdings nichts an
ihrer Heftigkeit nimmt. Vor allem in Israel ist die Gewissheit,
Europas Presse stehe auf der Seite derer, die die Zerstörung Israels
anstreben, zu einer Säule des nationalen Selbstverständnisses
geworden. Dieser Glaube verstärkt bei Israelis das Bild der eigenen
Opferrolle und die Überzeugung, ganz auf sich allein gestellt zu
sein;_und er kreiert eine direkte Verbindung zwischen altem
Antisemitismus und neuen Bedrohungen, der nur durch eine Politik der
Stärke begegnet werden könne. Diese Einstellung wirkt sich auch auf
das Lebensgefühl europäischer Juden aus. Wenn es stimmt, dass eine so
einflussreiche Berufsgruppe wie Journalisten den jüdischen Staat
mehrheitlich ablehnt und deshalb tendenziös berichtet, dann ist das
jüdische Leben in Europa gefährdet; dann sind die Ausschreitungen bei
anti-israelischen Demonstrationen in Paris eine Vorwarnung für das,
was einmal war und wieder kommen kann. Dann kann man, wie immer mehr
französische Juden behaupten, in Europa nicht mehr in Frieden leben.
Doch wer durch österreichische, deutsche, französische oder englische
Zeitungen blättert oder durch Nachrichtensender zappt, wird sich
schwertun, die Vorwürfe wiederzufinden. Weder wird Israels
Existenzrecht infrage gestellt, noch werden die Raketenangriffe der
Hamas auf zivile Ziele in Israel unterspielt. Journalisten sind sich
der historischen und aktuellen Sensitivität des Nahostthemas bewusst
und geben sich viel Mühe, Ereignisse und Ursachen umfassend und
objektiv darzustellen. Das Leid beider Völker wird mit Mitgefühl
geschildert. Europas besondere Verantwortung für Israel schwingt
ebenso oft mit wie die legitime Erwartung, dass sich ein westlicher
Staat auch im Kriegszustand an westliche Normen zu halten hat. Woran
die Medien scheitern und scheitern müssen, ist die doppelte
Asymmetrie des Konflikts: Auf einer Seite steht eine tolerante
Demokratie, de facto ein Teil Europas, die gegen fanatische
Islamisten und deren Terrortaktik kämpft;_aber auch eine militärische
Großmacht, deren Angriffe Hunderte Tote verursachen, doch die dank
der eingeschränkten Mittel ihrer Gegner einen geringeren Blutzoll zu
zahlen hat. Wer hier bereits Partei ist, muss sich von jeder fairen
Berichterstattung schlecht behandelt fühlen. Diesen Widerspruch
können die Medien auch mit größtem Bemühen nicht auflösen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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