Lausitzer Rundschau: Zur Landtagswahl in Brandenburg: Nur jeder Zweite beteiligt sich / Die watteweiche Kuschelwahl
Geschrieben am 14-09-2014 |
Cottbus (ots) - Es kann nicht verkehrt sein, mit einer guten
Nachricht einzusteigen: Fast jeder Zweite der wahlberechtigten
Bevölkerung hat gewählt. Das heißt, er hat die Möglichkeit ergriffen,
per Stimmzettel Einfluss auf die Zukunft des Landes Brandenburg zu
nehmen. Die dunkle Kehrseite: Mehr als 50 Prozent haben es nicht
getan. Ein Ergebnis, dass dem sächsischen vor zwei Wochen entspricht.
Das Interesse an den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hat
ein historisches Tief erreicht. Auch sonst gibt es erstaunliche
Parallelen zur Sachsenwahl: Die Partei, die seit der Wende regiert,
bekommt erneut die Mehrheit. Was den Sachsen die CDU, ist den
Brandenburgern die SPD. Die AfD nimmt allen Parteien, auch den Linken
und der NPD, Stimmen weg und zieht mit einem zweistelligen Ergebnis
ins Brandenburger Landesparlament. Die NPD - eine wahrlich gute
Nachricht - scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde, die FDP versinkt im
politischen Niemandsland. Die Grünen haben es erneut knapp geschafft.
Der größte Verlierer außer der FDP sind die Linken. Ihre Wähler - ja,
wo sind sie geblieben? Die geringe Wahlbeteiligung wirft eine der
besonders spannenden Fragen auf: Verliert die Landespolitik an
Bedeutung? Zumindest in den Köpfen der Wähler. Von 1990 bis 2014 sank
die Wahlbeteiligung in Sachsen von 74 auf 49, in Brandenburg von 67
auf voraussichtlich unter 50Prozent. Das bedeutet nicht, dass
sich die Menschen im Land nicht für Landespolitik interessieren. Es
könnte damit zu tun haben, dass viele Bürger nichts ändern wollen und
deshalb auch nicht abstimmen. Möglich ist aber auch, dass sie nicht
glauben, dass die Landespolitik noch größeren Einfluss auf ihr Leben
hat. Ein Zweifel, dass die SPD der Sieger sein wird, kam während des
Wahlkampfs nie auf. Zwar hielt der CDU-Spitzenkandidat Michael
Schierack tapfer dagegen, indem er laut verkündete, Ministerpräsident
werden zu wollen. Geglaubt hat er es vermutlich nicht. Spannend wird
sein, wie die Christdemokraten das Abschneiden der AfD
interpretieren. Die Sozialdemokratisierung der CDU lässt offenkundig
viel Raum für die Emporkömmlinge aus der "Alternative für
Deutschland". Zufrieden ist mit Sicherheit Dietmar Woidke. Obwohl er
in dem einen Jahr, seit er die Rolle des Ministerpräsidenten
einnimmt, nicht den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad seiner
Vorgänger Matthias Platzeck und Manfred Stolpe erreichen konnte, fuhr
er ein gutes Ergebnis ein. Das hängt damit zusammen, dass er fleißig
daran gearbeitet hatte, sich bekannt zu machen - auch auf dem flachen
Land. Mit Sicherheit hat die niedrige Wahlbeteiligung etwas mit dem
watteweichen Kuschelwahlkampf zu tun, in dem sich die meisten
Kandidaten sehr darum bemühten, sich nicht gegenseitig auf die Füße
zu treten. Die Positionen lagen zu keiner Zeit weit auseinander.
Kohle in der Lausitz? Spielte im Wahlkampf keine zentrale Rolle.
Bildung? Mehr Lehrer und weniger Stundenausfall fordern
beziehungsweise versprechen sie alle. Kriminalität? Genau so: Mehr
Sicherheit fordern beziehungsweise versprechen alle. Und so weiter,
und so fort. Keine großen Debatten, keine Visionen, kaum Konflikte -
eine weichgespülte politische Auseinandersetzung. Die Rechnung: Viele
Wähler blieben zu Hause und die AfD sammelte die Proteststimmen ein.
Ein Blick in die Zukunft: Der im Wahlkampf weitgehend ausgeblendete
BER-Großflughafen bleibt das große Brandenburgthema. Auch das Thema
Bildung brennt. Das brandenburgische Bildungssystem hat durchaus
Stärken, aber es vernachlässigt die Leistungsträger, die sich in den
Niederungen des Schulalltags fast schon schämen müssen, wenn sie ein
wenig herausstechen. Hier muss ein anderer Geist einziehen. Und
schließlich das große Thema Demographie: 2030 wird ein Drittel der
Brandenburger in Rente sein - eine Herausforderung, die einer
weitsichtigen Politik bedarf. Genau daran mangelt es in Brandenburg.
Es sind eher Verwalter als Visionäre, die in den bisherigen
Regierungsparteien, aber auch in der Opposition den Takt vorgeben.
Sollte sich das nicht ändern, entwertet sich die Landespolitik
selbst. Und darf sich nicht wundern, wenn die Hälfte der Wähler zu
Hause bleibt.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
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