(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Debatte um Verbot von Burka und Burkini Falsche Debatte Sigrun Müller-Gerbes

Geschrieben am 26-08-2016

Bielefeld (ots) - Keine Frage: Als im aufgeklärten Deutschland
aufgewachsene Frau - zumal eine, die sich als Feministin begreift -
kann man nur gegen die Burka sein. Dagegen, dass sich Frauen,
aufgrund welcher Vorschriften auch immer, verstecken müssen vor der
Öffentlichkeit, ihr Gesicht, ihre Identität verleugnen müssen. Die
Burka ist das Gegenteil von Gleichberechtigung. Trotzdem: Auch eine
Feministin kann gegen ein Burka-Verbot sein. Oder gegen ein Verbot
von Burkinis, über das in Frankreich gerade vor Gericht entschieden
wurde. Und das aus pragmatischen und grundsätzlichen Gründen. Die
pragmatischen sind schnell aufgezählt:

- Wer die Burka für ein Zwangsinstrument gegen Frauen hält, kann
diesen unterdrückten Frauen schlecht mit staatlichen
Zwangsgeldern begegnen - in der irrigen Hoffnung, dass der
finanzielle Druck schwerer wiegt als der im Zweifel massivere
des Ehemanns oder der Familie.
- Wer will, dass Frauen sich möglichst frei in der Öffentlichkeit
bewegen können, sollte nicht das Gegenteil riskieren: Dass sie
ganz zu Hause eingesperrt werden.
- Wer aus Sicherheitsgründen für ein Verbot plädiert, der müsste
sich schon durch die Wirkungslosigkeit in Frankreich und Belgien
eines Besseren belehren lassen, wo Vollverschleierung seit
Jahren untersagt ist. In beiden Ländern wird die Sicherheitslage
von Jahr zu Jahr schlechter.
- Und wer der Auffassung ist, der Staat solle sich vordringlich um
tatsächliche Probleme kümmern und auf Symbolpolitik so weit als
möglich verzichten, kann die Debatte angesichts der nicht einmal
vierstelligen Zahl von Burka-Trägerinnen in Deutschland nur für
überzogen halten.

Viel wichtiger aber wiegt ein grundsätzliches Argument:
Integration lässt sich nicht über Verbote und Vorschriften erzwingen.
Die Debatte reiht sich nahtlos ein in die gerade angesagte
Abgrenzungsdebatte zwischen "uns" und "denen da": diesen Zuwanderern,
die uns hier irgendwie fremd sind. Und denen wir, weil sie schon
wegen der schieren Zahl nicht einfach ignoriert werden können, am
liebsten mit Befehlen begegnen: Passt Euch an! Benehmt Euch wie wir!
Zieht Euch an wie wir! Wenn die Befehle nicht unmittelbar fruchten,
ist der Ruf nach Gesetzen nicht weit: Minarette verbieten!
Integrationspflicht! Wohnsitzauflage! Doppelpass verbieten! Burka
verbieten! Diese Haltung schiebt das Problem der Integration, das
eines der ganzen Gesellschaft ist, einseitig den Migrantinnen und
Migranten zu. Eine Gesellschaft, die will, dass islamische Frauen
sich nicht mehr in einem Gefängnis aus Stoff verbergen, darf ihnen
nicht mit Ordnungsgeld drohen. Sie muss sie ermutigen, das Gefängnis
abzuwerfen. Sie muss ihnen Schutz bieten und Perspektiven jenseits
dieses Gefängnisses. Und sie muss vor allem eines: mit ihnen
sprechen.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original Content von: Neue Westf?lische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

597751

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Zu Gast bei Gegnern Zu Angela Merkels Treffen mit der Visegrad-Gruppe in Warschau Cottbus (ots) - Angela Merkel reist nach ihrem Urlaub durch Europa, und es spricht für eine gute Erholung oder grundsätzliche Widerstandskräfte, dass sie dabei selbst quasi feindliches Terrain nicht auslässt. Am Freitag stellte sich die Kanzlerin in Warschau gleich vier ihrer aktuell schärfsten Kritiker in der EU, den Regierungschefs der osteuropäischen Visegrad-Gruppe (V4). Dazu zählen sehr unterschiedliche Charaktere mit sehr unterschiedlichen Beziehungen zu Deutschland und seiner Kanzlerin. In Polen, das wie kaum ein anderes Land mehr...

  • Weser-Kurier: Über die Piratenpartei schreibt Norbert Holst im "Weser-Kurier" (Bremen) vom 27.08.2016: Bremen (ots) - Die Piraten üben sich in Durchhalteparolen. "Wir wollen die Botschaft aussenden: Wir sind noch da", sagt der Vorsitzende Stefan Körner. Doch der Parteitag am Wochenende in Wolfenbüttel dürfte für die Piratenpartei eher ein weiterer Sargnagel sein. In Umfragen liegen die Piraten zwischen nicht messbar (häufig) und drei Prozent (Berlin). Doch auch in der Bundeshauptstadt werden sie bei der Wahl am 18. September wohl kaum wieder ins Abgeordnetenhaus einziehen. Dort hatte vor fünf Jahren mit 8,9 Prozent der kometenhafter mehr...

  • Weser-Kurier: Über das Urteil zur Linie 8 schreibt Eike Wienbarg im "Weser-Kurier" (Bremen) vom 27.08.2016: Bremen (ots) - Damit haben nur die Wenigsten gerechnet. Zwar waren nicht alle Stuhrer und Weyher glücklich mit der Entscheidung für Verlängerung der Straßenbahnlinie 8 in ihre Gemeinden. Andere aber, vor allem Politik und Verwaltung, zeigten sich euphorisch über das Vorhaben und dessen Vorteile für die Menschen im Bremer Umland. Nun hat diese Euphorie einen heftigen Dämpfer erhalten. Mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das den Planfeststellungbeschluss auf der niedersächsischen Seite gekippt hat, ist der Traum mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu dem Treffen zwischen Angela Merkel und Winfried Kretschmann im Kanzleramt Bielefeld (ots) - Angela Merkel und Winfried Kretschmann können sich so oft zum Abendessen treffen, wie sie wollen. Die Kanzlerin und der Ministerpräsident Baden-Württembergs sind nicht die Politiker, die am Ende darüber entscheiden, ob es nach der Wahl in gut einem Jahr zu einer schwarz-grünen Bundesregierung kommt. Realpolitiker wie Kretschmann und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, die pragmatisch auf die Folgen der Flüchtlingskrise blicken und um klare Worte nicht verlegen sind, haben es nicht leicht in ihrer Partei. Bei mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Burkini-Verbot aufgehoben Bielefeld (ots) - Schön ist er nicht, der Burkini - der Ganzkörperbadeanzug für Frauen, der nur Gesicht, Unterarme und Füße ausspart. Aber schön ist der korpulente Mitsechziger im Stringtanga auch nicht - jedenfalls nach gängigen ästhetischen Vorstellungen. Doch darf eine freie Gesellschaft einfach verbieten, was nicht gefällt? Das höchste französische Gericht schob dem jetzt erstmal einen Riegel vor. Das Thema Terrorabwehr bietet jedenfalls kein Argument für eine solche Einschränkung der Bekleidungsfreiheit - der Schutz der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht