Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Thomas Spang zu Trump/Amtsenthebungsverfahren
Geschrieben am 18-05-2017 |
Regensburg (ots) - Der Rauswurf von FBI-Direktor James Comey kommt
wie ein Bumerang zurück. Den Mann, der nun die Beziehungen zu den
Russen untersuchen soll, kann Trump nicht ohne weiteres feuern. Als
Sonderermittler genießt der allseits respektierte frühere Chef der
amerikanischen Bundespolizei Robert Mueller ein hohes Maß an
Unabhängigkeit. Wollte der Präsident ihn loswerden, ginge dies nur
über den Umweg durch das Justizministerium. Dort musste sich sein
enger Gefolgsmann Jeff Sessions wegen eigener Verstrickungen mit
Moskau bereits vor Wochen von den Ermittlungen zurückziehen. Wie
wenig Einfluss Trump auf dessen Stellvertreter Rod Rosenstein hat,
lässt sich daran ablesen, dass dieser das Weiße Haus bis zur
Bekanntgabe der Einsetzung des Sonderermittlers völlig im Dunkeln
ließ. Das verheißt wenig Gutes für die Chancen Trumps, Rosenstein in
Zukunft gefügiger zu machen. Statt die lästige Affäre schnell hinter
sich zu lassen, droht sie nun, die Präsidentschaft zu dominieren. Des
Amtes enthoben ist Trump damit aber noch lange nicht. Wie so oft in
der Vergangenheit mobilisiert der Bedrängte seine Fans, die sich
genauso als Opfer der Eliten sehen wie ihr Präsident. Wer die Blase
in Washington verlässt, kann sich schnell selber davon überzeugen.
Das Misstrauen gegen "die Medien", die als "tiefer Staat" denunzierte
Bürokratie und "ungewählte Richter" ist weiter verbreitet, als viele
in Washington wahrhaben wollen. Trump-Anhänger haben den rationalen
Zugang zu einer komplizierten Welt durch den Glauben an ihren Führer
ersetzt, der die Dinge für sie richtet. Bei diesem Publikum trifft
Trump mit seiner lächerlichen Behauptung auf Sympathie, er sei das
Opfer einer Hexenjagd. Solange er seine Basis bei der Stange hält,
bleibt es für die republikanischen Abgeordneten im Kongress riskant,
sich öffentlich von dem Präsidenten abzusetzen. Doch genau das müsste
passieren, wenn es zu einem Amtsenthebung-Verfahren kommen sollte.
Für einen Erfolg müsste eine Mehrheit im Repräsentantenhaus für das
"Impeachment" stimmen. Das braucht dann die Zustimmung von zwei
Drittel der Senatoren. Ein weiter sehr unwahrscheinliches Szenario in
einem Kongress, der von den Republikanern dominiert wird. Es sei
denn, der Sonderermittler stößt auf einen "rauchenden Colt", der
hieb- und stichfest beweist, was bisher nur aus Indizien abgeleitet
werden kann: Verrat an eine gegnerische Macht. Die Hinweise darauf
sind so erdrückend, dass ein Freispruch durch Mueller so gut wie
ausgeschlossen scheint. Es grenzte an ein Wunder, wenn der nach 24
Tagen im Amt nicht mehr haltbare Nationale Sicherheitsberater Michael
Flynn, Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort, seine Berater Roger
Stone und Carter Page - um nur einige zu nennen - keinen Dreck am
Stecken hätten. Aber bewiesen ist eben noch nichts. Bliebe noch der
25. Verfassungszusatz, der es dem Vizepräsidenten und einer Mehrheit
im Kabinett erlaubte, Trump wegen Unfähigkeit des Amtes zu entheben.
Diese Idee fand Resonanz nach einer vielbeachteten Kolumne, in der
David Brooks Trump mit einem Kind verglich. Ein Präsident ohne
Selbstkontrolle, Reflexion und Einsicht in die Konsequenzen seines
Handelns. Niemand, der seine Finger am Atomknopf haben oder dem
Staatsgeheimnisse anvertraut werden sollten. Allerdings müsste auch
in diesem Fall der Kongress mit zwei Dritteln der Stimmen die
Entscheidung decken. So verlockend die Watergate-Vergleiche auch sein
mögen - nüchtern betrachtet ist dies erst der Anfang, nicht das Ende
einer Affäre, die Washington nach der Einsetzung eines
Sonderermittlers noch lange beschäftigen wird.
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