Juncker-Kommission legt Fahrplan für Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas vor
Geschrieben am 06-12-2017 |
Berlin (ots) - Mit einem Fahrplan und mehreren konkreten Maßnahmen
für die kommenden 18 Monate treibt die Juncker-Kommission die
Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion voran. Übergeordnetes
Ziel ist die Stärkung der Einheit, der Effizienz und der
demokratischen Rechenschaftspflicht der Wirtschafts- und
Währungsunion bis 2025.
"Nach den Krisenjahren ist es nun an der Zeit, Europas Zukunft in
unsere Hände zu nehmen. Dank des robusten Wirtschaftswachstums können
wir heute weiter voranschreiten und Maßnahmen für eine enger
vereinte, effizientere und demokratischere Wirtschafts- und
Währungsunion ergreifen, die allen Bürgerinnen und Bürgern
zugutekommt", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Das
Dach sollte man am besten dann reparieren, wenn die Sonne scheint."
Auf der Grundlage der Vision, die im Bericht der fünf Präsidenten
vom Juni 2015 und in den Reflexionspapieren zur Vertiefung der
Wirtschafts- und Währungsunion und zur Zukunft der EU-Finanzen vom
Frühjahr 2017 vorgestellt wurde, hatte Präsident Juncker in seiner
Rede zur Lage der Union im September 2017 die nächsten Schritte
angekündigt, die die Kommission heute (Mittwoch) vorlegt.
Die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist kein
Selbstzweck, sondern wird zu einem Anstieg der Beschäftigung, des
Wirtschaftswachstums und der Investitionstätigkeit führen sowie die
soziale Gerechtigkeit und die makroökonomische Stabilität erhöhen.
Die kommenden 18 Monate sollten genutzt werden, um die nächsten
Schritte zu unternehmen, wie in der Agenda der Staats- und
Regierungschefs vereinbart.
Neben dem Fahrplan umfasst das heutige Paket vier
Hauptinitiativen:
1. Einen Vorschlag zur Einrichtung eines Europäischen
Währungsfonds (EWF), der im EU-Rechtsrahmen verankert ist und auf der
bewährten Struktur des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)
fußt. In den letzten Jahren hat der ESM eine entscheidende Rolle bei
der Sicherung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets gespielt, indem
er die Mitgliedstaaten dabei unterstützt hat, den Zugang zu den
Märkten für Staatsanleihen aufrechtzuerhalten bzw. zurückzugewinnen.
Der EWF würde auf der ESM-Architektur aufbauen, wobei die
gegenwärtigen finanziellen und institutionellen Strukturen unter
anderem auch mit Blick auf die Rolle der nationalen Parlamente im
Wesentlichen gewahrt bleiben sollen. Somit wäre durch den EWF
gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im
Fall finanzieller Schwierigkeiten weiterhin unterstützt werden.
Außerdem würde der EWF die gemeinsame Letztsicherung für den
einheitlichen Abwicklungsfonds übernehmen und als letzter Kreditgeber
fungieren, um die geordnete Abwicklung notleidender Banken zu
erleichtern. Zudem sind eine raschere Beschlussfassung in dringenden
Fällen und eine direktere Einbindung in die Verwaltung der
Finanzhilfeprogramme vorgesehen. Im Laufe der Zeit könnte der EWF
ferner neue Finanzinstrumente entwickeln, beispielsweise zur
Unterstützung einer möglichen Stabilisierungsfunktion. Das
Europäische Parlament und der Rat werden ersucht, diesen Vorschlag
bis Mitte 2019 anzunehmen.
2. Einen Vorschlag zur Übernahme des Inhalts des Vertrags über
Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und
Währungsunion in das EU-Recht, wobei das im Stabilitäts- und
Wachstumspakt vorgesehene nötige Maß an Flexibilität zu
berücksichtigen ist, das die Europäische Kommission seit Januar 2015
auslotet. Im Jahr 2012 hatten sich die 25 unterzeichnenden
Mitgliedstaaten verpflichtet, den Inhalt des Vertrags innerhalb von
fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten, d. h. bis zum 1. Januar 2018,
in das Unionsrecht zu überführen. Das Europäische Parlament hat dies
ebenfalls gefordert. Mit diesem Vorschlag, der uneingeschränkt mit
den im Primär- und Sekundärrecht festgelegten Vorschriften im
Einklang steht, würden die wichtigsten Elemente des Vertrags in das
Unionsrecht aufgenommen, was zu soliden haushaltspolitischen Rahmen
auf nationaler Ebene beitragen dürfte. Das Europäische Parlament und
der Rat werden ersucht, diesen Vorschlag bis Mitte 2019 anzunehmen.
3. Eine Mitteilung über neue Haushaltsinstrumente für ein stabiles
Euro-Währungsgebiet innerhalb des Unionsrahmens, in der dargelegt
wird, wie bestimmte Haushaltsfunktionen, die für das
Euro-Währungsgebiet und die EU insgesamt von wesentlicher Bedeutung
sind, im Rahmen der öffentlichen Finanzen der EU von heute und morgen
wahrgenommen werden können. In der Mitteilung wird auf vier
spezifische Aspekte eingegangen: a) Unterstützung der Mitgliedstaaten
bei Strukturreformen durch ein Instrument zur Umsetzung von Reformen
und technische Unterstützung auf Antrag der Mitgliedstaaten; b) eine
besondere Konvergenzförderung für Mitgliedstaaten, die dem
Euro-Währungsgebiet beitreten; c) eine Letztsicherung für die
Bankenunion über den EWF/ESM, die bis Mitte 2018 vereinbart und bis
2019 betriebsbereit sein sollte; und d) eine Stabilisierungsfunktion'
um bei großen asymmetrischen Schocks die Investitionstätigkeit
stützen zu können. Die Kommission wird die erforderlichen Initiativen
im Mai 2018 im Rahmen ihrer Vorschläge für den mehrjährigen
Finanzrahmen für die Zeit nach 2020 vorlegen. Anschließend werden das
Europäische Parlament und der Rat ersucht, diese Vorschläge bis Mitte
2019 anzunehmen. Für den Zeitraum 2018-2020 schlägt die Kommission
außerdem vor, das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen zu
stärken, indem die bis 2020 für technische Unterstützung verfügbaren
Mittel auf EUR 300 Mio. verdoppelt werden. Außerdem schlägt die
Kommission vor, das neue Umsetzungsinstrument im Rahmen einer
Pilotphase zu testen. Zu diesem Zweck schlägt sie gezielte Änderungen
der Dachverordnung mit gemeinsamen Bestimmungen über die Europäischen
Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) vor, damit deren
leistungsgebundene Reserven in größerem Umfang als bisher für die
Unterstützung vereinbarter Reformen genutzt werden können. Das
Europäische Parlament und der Rat werden ersucht, diese beiden
Vorschläge im Jahr 2018 anzunehmen.
4. Eine Mitteilung über die möglichen Funktionen eines
europäischen Wirtschafts- und Finanzministers, der, wie im Rahmen der
derzeitigen EU-Verträge vorgesehen, gleichzeitig Vizepräsident der
Kommission und Vorsitzender der Euro-Gruppe sein könnte. Durch die
Zusammenführung von Zuständigkeiten und Fachwissen würde diese neue
Position die Kohärenz, Effizienz, Transparenz und demokratische
Rechenschaftspflicht der wirtschaftspolitischen Entscheidungsfindung
für die EU und das Euro-Währungsgebiet unter uneingeschränkter
Achtung der nationalen Zuständigkeiten stärken. Wenn bis Mitte 2019
eine Einigung über die Rolle des Ministers erzielt würde, könnte
diese Position im Rahmen der Bildung der nächsten Kommission
eingerichtet werden. Die Euro-Gruppe könnte dann auch entscheiden,
den Minister für zwei Amtszeiten zu ihrem Vorsitzenden zu wählen,
sodass die beiden Mandate die gleiche Laufzeit hätten. Das heute
vorgelegte Paket ist weder der erste noch der letzte Schritt des
Prozesses der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas,
die eine der obersten Prioritäten der Kommission von Präsident
Juncker darstellt, wie aus den politischen Leitlinien, dem Bericht
der fünf Präsidenten sowie den Reflexionspapieren zur Vertiefung der
Wirtschafts- und Währungsunion und zur Zukunft der EU-Finanzen
hervorgeht. Alle bisher eingeleiteten Reformen gehen auf das
Bestreben zurück, Solidarität und Verantwortung auf allen Ebenen
miteinander zu verbinden, und dieser Leitgedanke steht auch bei dem
heute vorgelegten Paket im Mittelpunkt.
"Europa hat den Wind in den Segeln" - das gilt nicht nur mit Blick
auf die wirtschaftliche Entwicklung' sondern auch in Bezug auf die
Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur einheitlichen Währung.
Gemäß einer heute veröffentlichten Eurobarometer-Erhebung zum
Euro-Währungsgebiet sind 64 Prozent der Befragten der Ansicht, dass
der Euro gut für ihr Land ist.
Hintergrund
Das heute angenommene Paket ist Teil des von Präsident Juncker
vorgestellten umfassenderen Fahrplans für eine enger vereinte,
stärkere und demokratischere Union sowie der daraus resultierenden
Agenda der Staats- und -Regierungschefs auf dem Weg nach Sibiu, die
der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk vorgelegt hatte.
Auf dem Gipfeltreffen in Sibiu am 9. Mai 2019 sollen wichtige
Entscheidungen für die Zukunft Europas getroffen werden. Das Paket,
das sich unter anderem auch auf Ideen stützt, die das Europäische
Parlament sowie der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in
seiner Sorbonne-Rede vom September vorgestellt haben, wird im Vorfeld
des umfassenden Euro-Gipfels am 15. Dezember 2017 vorgelegt, auf dem
die Staats- und Regierungschefs der EU zusammenkommen werden, um
erstmals über die nächsten Schritte zu beraten, bevor dann auf einer
Sondersitzung am 28./29. Juni 2018 konkrete Entscheidungen getroffen
werden.
Weitere Informationen:
Ausführliche Pressemitteilung: Kommission legt Fahrplan für
Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas vor
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-5005_de.htm
Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas - Fragen und
Antworten http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-5006_de.htm
Factsheets zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion
Europas http://ots.de/VVQjo
Flash-Eurobarometer 458 zum Euro-Raum, Dezember 2017
http://ots.de/rphpZ
Mitteilung über weitere Schritte zur Vollendung der Wirtschafts-
und Währungsunion http://ots.de/Znq6n
Pressekontakt:
Reinhard Hönighaus
Sprecher der Europäischen Kommission in Deutschland
Tel.: +49 (30) 2280-2300
Original-Content von: Europäische Kommission, übermittelt durch news aktuell
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