Rheinische Post: Kommentar: Die Welt wartet auf Deutschland
Geschrieben am 14-03-2018 |
Düsseldorf (ots) - Niemand hat diese große Koalition gewollt. Mit
dem knappen Wahlergebnis für Merkel ist offensichtlich: Groß ist
diese Koalition nicht, und die Gegner in den eigenen Reihen sind mit
der Neuauflage des Regierungsbündnisses längst nicht versöhnt.
Dennoch ist damit zu rechnen, dass die Koalition die volle
Wahlperiode hält. Sie ist ein glanzloser Pakt der Vernunft, ein
Bündnis der Staatsraison, die Groko ist politisches Schwarzbrot.
Immerhin. Nachdem die Regierung also mühsam aus den Startlöchern
gekommen ist, wird sie nun Tempo aufnehmen müssen. Hoffentlich haben
alle Beteiligten aus dem komplizierten Wahlergebnis und der
schwierigen Koalitionsfindung etwas gelernt. Das formelhafte "Wir
haben verstanden" muss nun durch konkrete Politik eingelöst werden.
Die neue Regierung kann die Probleme nicht mehr auf die lange Bank
schieben. Es braucht endlich ein umfassendes Konzept für die
Digitalisierung öffentlicher Einrichtungen, die Versorgung aller
Bürger mit schnellem Internet und gerechte Steuerzahlungen durch die
großen internationalen Internet-Konzerne wie Google, Amazon und
Facebook. Es bedarf auch dringend einer Antwort auf die rasant
steigende Zahl von Pflegebedürftigen, die in personell unterbesetzten
Heimen und von überforderten Angehörigen versorgt werden müssen. In
Fragen von Flüchtlingspolitik, Integration und Bleiberecht brauchen
wir keine neuen Gesetze - aber einen konsequenteren Vollzug als
bisher. Dazu Wohnungsnot, Angst vor Altersarmut, marode Schulen,
Landflucht - die To-do-Liste dieser Bundesregierung ist lang. Fangt
an! International muss Deutschland auf die Bühne zurückkehren. Der
französische Präsident wartet seit Monaten auf eine Antwort zu seinen
Vorschlägen für eine Erneuerung der Europäischen Union. Deutschland
wird zudem als Stimme der Vernunft zwischen einem irrlichternden
US-Präsidenten und einem offen aggressiv agierenden Russland
gebraucht. Auch die Initiative zur internationalen Bekämpfung von
Fluchtursachen benötigt neue Impulse. Ob es Union und SPD gelingt,
das viel beschworene Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen, werden
die nächsten Landtagswahlen zeigen. Die ersten Stimmungstests gibt es
im Herbst in Bayern und in Hessen. 2019 folgt die Nagelprobe mit der
Europawahl und den Wahlen in drei ostdeutschen Ländern. Das kann nur
gut gehen, wenn Union und SPD bis dahin den Beweis erbracht haben,
dass sie die Probleme der Bürger lösen. Ansonsten wird man sich
zumindest im Osten auf eine Volkspartei AfD einstellen müssen.
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Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell
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