Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Dashcams im Straßenverkehr
Bedenkliche Entscheidung
Stefan Boes
Geschrieben am 15-05-2018 |
Bielefeld (ots) - Jetzt bekommt also auch der Straßenverkehr den
Videobeweis. Und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) lässt
befürchten, dass der Einsatz von Dashcams im Verkehr für noch größere
Verwirrung sorgt als der Video-Assistent beim Fußball. Das Urteil ist
zwar nachvollziehbar, weil es für mehr Gerechtigkeit sorgt und
Gerichtsverfahren vereinfacht. Außerdem gibt es endlich eine
gesetzliche Regelung. Die ist aber aus mehreren Gründen
problematisch. Zum einen bleibt Unklarheit. Denn die permanente
Aufzeichnung bleibt verboten. Das Gericht entscheidet im Einzelfall
über die Verwendung. Das heißt: Wer dauerhaft filmt, handelt
gesetzeswidrig, kann ein Video möglicherweise aber trotzdem als
Beweismittel nutzen. Ein zweites Problem ist die Verletzung des
Persönlichkeitsrechts. Laut BGH verletzen Dashcam-Videos nicht die
Privat-, sondern nur die Sozialsphäre. Das stimmt zwar. Dashcams
bedeuten dennoch nicht weniger als den Einstieg in die
Totalüberwachung des öffentlichen Raumes. Straßenverkehr gibt es in
Deutschland nahezu überall. Sich im öffentlichen Raum aufzuhalten,
bedeutet also, sich der Videoüberwachung auszuliefern. Das gesammelte
Material befindet sich weder im eigenen noch im kontrollierten Besitz
einer Behörde, sondern im Besitz fremder Personen. Unabhängig davon,
wie belanglos das ist, was man im öffentlichen Raum tut, ist dieser
Eingriff in den persönlichen Lebensbereich, zu dem das BGH nun
Anreize gibt, höchst bedenklich. Der Einsatz von Dashcams ist erst
dann vertretbar, wenn ein Standard dafür sorgt, dass die Aufnahmen
erst gespeichert und abrufbar werden, wenn ein Unfall stattgefunden
hat. Das schafft Klarheit und wird dem Datenschutz gerecht.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
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