BERLINER MORGENPOST: Europas rechte Welle / Leitartikel von Michael Backfisch zur Wahl in Spanien
Geschrieben am 29-04-2019 |
Berlin (ots) - Kurzform: Nun also auch Spanien. Jahrzehntelang
schien das Land immun zu sein gegen die Versuchungen
rechtspopulistischer Parteien. Bis zum vergangenen Sonntag. Die
rechts außen angesiedelte Vox-Partei schaffte bei den Wahlen den
Sprung ins Parlament - und zwar mit einem zweistelligen Ergebnis.
Damit schwappt die rechtsnationale Welle Europas auch auf die
Iberische Halbinsel über. Für die EU bedeutet das nichts Gutes.
Europa, das bereits durch das Brexit-Chaos geschwächt ist, hat im
Süden eine weitere Zone von Instabilität. Das wiederum dürfte auf
mittlere Sicht die Rechtspopulisten stärken, die groß im Verkaufen
einfacher Lösungen sind.
Der vollständige Leitartikel: Nun also auch Spanien.
Jahrzehntelang schien das Land immun zu sein gegen die Versuchungen
rechtspopulistischer Parteien. Die Erinnerungen an die Schrecken der
1975 zu Ende gegangenen Franco-Diktatur wirkten nach. Spanien war
offenbar eine Insel der Seligen. Bis zum vergangenen Sonntag. Die
rechts außen angesiedelte Vox-Partei schaffte bei den Wahlen den
Sprung ins Parlament - und zwar mit einem zweistelligen Ergebnis.
Damit schwappt die rechtsnationale Welle Europas auch auf die
Iberische Halbinsel über. In Rom (Lega), Wien (FPÖ) und Athen (Anel)
und etlichen mittel- und osteuropäischen Ländern sitzen verwandte
Gruppierungen bereits in der Regierung. Auch zur AfD hat Vox
Verbindungen. Man sollte sich davor hüten, der erst 2013 gegründeten
Partei lediglich das Etikett "rechtsextremistisch" oder
"neonazistisch" zu verpassen. Das wäre zu einfach. Vox ist es
vielmehr gelungen, bei dem Thema, das die Spanier am meisten
elektrisierte - dem Katalonien-Konflikt -, viele Wähler zu
mobilisieren. Die Partei hat den Versuch des sozialistischen
Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, ein Kompromiss-Paket mit mehr
Autonomie für die Katalanen zu schnüren, als "Verrat" angeprangert.
Bei etlichen Bürgern stieß diese radikale Linie auf Resonanz. Die
Flüchtlingspolitik ist ein weiteres Feld, auf dem Vox punkten konnte.
Seit Italien die Häfen dichtmacht, drängen die Migranten aus Afrika
vor allem über Marokko nach Spanien. Das Argument der
Rechtspopulisten: Mehr als 95 Prozent der Gestrandeten werden
nicht als Flüchtlinge anerkannt, aber nur wenige abgeschoben. Vor
diesem Hintergrund hat Premier Sánchez seine Willkommenspolitik zwar
heruntergedimmt. Doch der Vorsitzende von Vox, Santiago Abascal,
besetzte das Thema immer wieder mit scharfmacherischen Tönen. Die
Abschottungspolitik ist die große gemeinsame Schnittmenge mit den
anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa. Vox-Chef Abascal hat
hier zwei Vorbilder: Italiens Innenminister Matteo Salvini und
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Auch mit Blick auf Brüssel
befindet er sich auf einer Wellenlänge mit Salvini & Co.: Der
Nationalstaat geht vor, Verpflichtungen gegenüber der EU rangieren
dahinter. Spanien droht nun eine Fortsetzung der seit 2016
andauernden innenpolitischen Patt-Situation. Weder der
Mitte-links-Block mit Sozialisten und linkspopulistischer Podemos
noch der Mitte-rechts-Block mit Konservativen, rechtsliberalen
Ciudadanos und Vox kommen auf eine absolute Mehrheit an Sitzen.
Sánchez strebt nun als Chef der stärksten Partei eine geduldete
Minderheitsregierung an. Dies wird mühsam und dauert. Die neuen
Partner dürften die alten sein: die linksalternative Podemos und die
kleinen Regionalparteien. Ein derartiges Bündnis ist per se wackelig;
die Teilnehmer werden einen hohen Preis verlangen. Sind die
katalanischen Separatisten mit im Boot, besteht zudem die Gefahr,
dass sich Sánchez im Räderwerk der politischen Kompromissmaschinerie
aufreibt. Der Katalonien-Konflikt ist ein so heißes Eisen, dass sich
derzeit jeder daran die Finger verbrennen muss. Was den einen zu viel
ist - weitgehende Autonomie -, ist den anderen zu wenig. Es waren
schließlich die Katalanen, die sich im Februar bei Sánchez'
Haushaltsentwurf querlegten und damit Neuwahlen erzwangen. Für die EU
bedeutet das nichts Gutes. Europa, das bereits durch das Brexit-Chaos
geschwächt ist, hat im Süden eine weitere Zone von Instabilität. Das
wiederum dürfte auf mittlere Sicht die Rechtspopulisten stärken, die
groß im Verkaufen einfacher Lösungen sind.
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