Allg. Zeitung Mainz: Verzockt / Kommentar von Karl Schlieker zu Italien
Geschrieben am 29-08-2019 |
Mainz (ots) - Der Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, hat sich
gründlich verzockt. Der Rechtspopulist hat die Koalition mit der
populistischen Fünf-Sterne-Bewegung ohne Not aufgekündigt, um mit
guten Umfragewerten im Rücken Neuwahlen auszurufen und die Regierung
zu übernehmen. Doch eine "Anti-Salvini-Allianz" aus Fünf Sternen und
Sozialdemokraten hat die Pläne glücklicherweise durchkreuzt. Das Land
entgeht einem wilden Wahlkampf, der wichtige Entscheidungen über den
Haushalt oder die Besetzung eines EU-Kommissars ausgebremst hätte.
Italien wäre über Monate blockiert gewesen. Die Europäische Union
kann nun auf einen moderateren Regierungskurs hoffen. Allerdings muss
die Koalition aus Sternen und Sozialdemokraten sich im
Alltagsgeschäft zusammenraufen. Allein als "Anti-Salvini-Bündnis"
besteht keine Überlebenschance. Zwei Konflikte muss die neue
Regierung bestehen. Da ist erstens der Streit mit der EU über die
horrende Staatsverschuldung Italiens, die aus dem Ruder läuft. Es ist
noch völlig ungewiss, ob beide Regierungspartner sich auf einen Kurs
einigen und dann noch mit der EU eine Vereinbarung erreichen können.
Zweitens bleibt der Umgang mit den Flüchtlingsbooten eine offene
Flanke. In dieser Frage ist auch die zerstrittene EU gefragt, denn
die Lasten der Migration müssen in Europa fair verteilt werden. Im
Fall des Scheiterns der Regierung würde der ausgebootete Lega-Chef
Salvini als lachender Dritte dastehen und könnte nach den dann
fälligen Neuwahlen doch noch das Zepter übernehmen. Die einstigen
Erzfeinde, Sozialdemokraten und Sterne, sind zum Erfolg verdammt,
wenn sie nicht untergehen wollen.
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