IGES-Kongress: Gesundheitsreform gibt Wettbewerb und Innovationen keine Impulse
Geschrieben am 25-10-2007 |
Berlin (ots) - Die jüngste Gesundheitsreform fördert den Wettbewerb kaum und hat nur schwache innovative Wirkung. Zu diesem Resümee kommen Krankenkassen, Hersteller von Medizinprodukten und das IGES Institut auf dem heutigen 5. IGES-Kongress: "Innovationen im Wettbewerb" in Berlin. Die Teilnehmer machten zwei Bereiche als Fortschrittsbremsen aus: der neue Spitzenverband als zentrales Selbstverwaltungsorgan der gesetzlichen Krankenkassen und die so genannte Ein-Prozent-Regel beim Gesundheitsfonds. Diese Klausel besagt, dass Krankenversicherte künftig maximal ein Prozent ihres Bruttoeinkommens für Zusatzbeiträge ihrer Krankenkasse ausgeben dürfen. Vor allem Kassen mit einkommensschwachen Mitgliedern könnten dadurch in eine finanzielle Krise geraten und würden alles tun, um ihre Ausgaben zu senken. "Das setzt bei den Krankenkassen einen Wettbewerb um Billigmedizin in Gang, der nicht zu verantworten wäre", sagte IGES Direktor Prof. Dr. med. Bertram Häussler zu Beginn des Kongresses.
Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen bemängelte einen zunehmend vereinheitlichten Leistungsrahmen der Krankenkassen. Dieser Trend verhindere innovative und kundenorientierte Variationen der einzelnen Kassen. "Dabei wären unsere Versicherten gegebenenfalls auch bereit, für zusätzliche Leistungen die Mehrkosten zu tragen", sagte Dr. Robert Paquet, Leiter des Berliner Büros des BKK Bundesverbandes. "Die Reform verkürzt den Wettbewerb in vieler Hinsicht auf Kostendämpfung und erhöht damit die Gefahr von Qualitätsdumping und verdeckter Rationierung", so Paquet.
"Unter diesen Bedingungen ist echter Wettbewerb nicht möglich", sagte Prof. Dr. Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK). Deutschland brauche nicht mehr Zentralismus, sondern einen Wettbewerb um die beste Gesundheitsversorgung. "Festgesetzte Preise - und nichts anderes sind Fonds und Ein-Prozent-Regel - haben noch nie Innovationen hervorgebracht. Das Gesundheitssystem ist ein Wachstumsmarkt, und daher braucht es Bedingungen, die medizinischen Fortschritt fördern. Denn es geht darum, für über 70 Millionen Versicherte den Zugang zu neuen Diagnose- und Therapieverfahren zu gewährleisten."
Im vergangen Jahr wurden in Deutschland 14.700 Patente aus der Medizintechnik angemeldet. Dies sei ein Beleg für die Innovationskraft der Branche, so Dr. Meinrad Lugan, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Medizintechnologie e.V. (BVMed). Lugan sagte, es sei falsch, Innovationen lediglich unter dem Kostenaspekt zu betrachten. "Wir müssen gemeinsam mit Krankenkassen und Anwendern gute Instrumentarien entwickeln, um die Nutzen- und Kosteneffekte über den Gesamtverlauf einer Behandlung oder Krankheit zu ermitteln", so der BVMed-Chef.
Dass sich Reformprozesse auch in anderen Wirtschaftssektoren kompliziert gestalten, zeigte IGES-Direktor Häussler mit einem Vergleich mit anderen Infrastrukturbereichen. Jedoch bringe die Deregulierung im Endeffekt den Kunden viele Vorteile: niedrigere Kosten bei gleichzeitiger Angebotserweiterung. Allerdings benötige eine gelungene Deregulierung zwei Voraussetzungen: Antitrust-Regeln und ausreichenden Verbraucherschutz. "Eine Liberalisierung unter diesen Aspekten könnte dem deutschen Gesundheitswesen mittelfristig nur gut tun", sagte Häussler.
Über den Innovationskongress: Zum fünften Mal in Folge hat das IGES Institut den "Kongress zum Fortschritt im Gesundheitswesen von morgen", so der vollständige Name, ausgerichtet. Die Techniker Krankenkasse, der BKK Bundesverband und der BVMed sind langjährige Mitveranstalter der Tagung, zu der in diesem Jahr rund 300 Teilnehmer nach Berlin kamen. Der Kongress fragt nicht nur nach den ökonomischen Folgen der Gesundheitsreform. Wissenschaftler und Praktiker stellten auch neue Möglichkeiten der besseren, innovativen Behandlung verbreiteter, schwerer Krankheiten vor. Alle Tagungsunterlagen sind abrufbar unter www.iges.de
Über das IGES Institut: Seit mehr als 20 Jahren forscht IGES zu gesundheits- und sozialpolitischen Fragestellungen. Das Spektrum reicht von gesundheitsökonomischen Aspekten bis hin zu allgemeinen Infrastrukturfragen. Alljährlich gibt das IGES Institut den Arzneimittel-Atlas heraus, eine Bestandsaufnahme und Analyse zum Arzneimittelverbrauch in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Originaltext: IGES Institut GmbH Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/68509 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_68509.rss2
Pressekontakt: IGES Institut GmbH Christine Brummer Tel.: 030-2308090 Fax: 030-23080911 Mail presse@iges.de
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