WAZ: Konflikte in der Koalition: Themen mit Sprengkraft - Leitartikel von Angela Gareis
Geschrieben am 29-10-2007 |
Essen (ots) - Vermutlich würde Angela Merkel gern eine Kette mit Bleikugel an Kurt Becks Bein befestigen, denn im Wettrennen der Volksparteien um das Markenzeichen "sozial" hat der Vorsitzende auf dem SPD-Parteitag zunächst einen Vorsprung erzielt. Er hat zugleich klar gemacht, wo er den Ausweg aus der Gefangenschaft der SPD zwischen Union und Linkspartei sieht: links.
Deutlich wird das vor allem darin, dass der Vorsitzende eine Front verschoben hat. Monatelang hauten die Sozialdemokraten verbal auf die Linkspartei ein. Jetzt ist es zwischen SPD und der Linken verdächtig ruhig, während Beck in Hamburg die Union in erhobenem Wahlkampfton attackierte. Zwar ist höchst ungewiss, ob Becks Strategie langfristig aufgeht, oder ob er die Sehnsucht seiner Partei nach der Opposition nicht mehr wird bändigen können. Aber die Kanzlerin muss ihre Große Koalition aus vier Parteien, CDU, CSU, SPD (Regierung) und SPD (Opposition) unter geänderten Vorzeichen moderieren, weil Beck die SPD (Opposition) gestärkt hat. Er hat den Kurs seiner Partei verunklart, was deren Berechenbarkeit für Merkel mindert.
Von der Berechenbarkeit der SPD in der Regierung hat Merkel bislang vor allem deshalb profitiert, weil sie ihren eigenen Kurs nicht neu bestimmen musste. Nach dem missratenen Wahlkampf 2005 hat sie ihr Profil als kühle Reformerin auch deshalb so leicht verwischen können, weil sie sich darauf verlassen konnte, dass Vizekanzler Franz Müntefering und die anderen SPD-Minister der Linie von Schröders Agenda 2010 folgen würden. Das ist nun anders.
Die CDU hat einen Parteitagsbeschluss ähnlichen Inhalts im Archiv, mit dem sie den Sozialarbeiter Jürgen Rüttgers ruhig stellen wollte, wobei sie darauf setzte, dass die SPD Widerstand leisten werde, was auch geschah. Diese überraffinierte Taktik hat Beck in ähnlich gerissener Taktik konterkariert. Die Koalition wird sich auf einen Kompromiss verständigen müssen, den in der Regierung niemand für richtig hält.
Während man die Privatisierung der Bahn für gescheitert erklären darf, kann die SPD die Kanzlerin mit den Beschlüssen zu Mindestlohn, Leiharbeit und Lockerung der Rente mit 67 zur Positionierung zwingen, woran ihr vor den Landtagswahlen im nächsten Jahr nicht gelegen sein wird. In dieser Situation muss die Koalition ihre Handlungsfähigkeit neu ausloten. Ein Thema mit enormer Sprengkraft steht ohnehin im Raum: der Mindestlohn für die Postbranche.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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