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WAZ: Die SPD leidet Schaden, weil . . . . . . ihr jetzt ein mutiger Liberaler fehlt - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 25-11-2008

Essen (ots) - Selbst, wenn die Rüge für Clement berechtigt war,
weil ein Genosse nicht zur Nichtwahl einer Genossin aufrufen darf;
selbst, wenn man unterstellen kann, dass Clements Entscheidung,
gelinde gesagt, sehr persönlichkeitsabhängig, also dickköpfig ist;
selbst, wenn Clement noch nie für die gesamte SPD sprechen konnte:
selbst, wenn das alles so ist, schadet das Ende dieser Geschichte
ganz eindeutig der SPD.

Franz Müntefering leidet Schaden, weil er als Parteichef keine
einvernehmliche Lösung herbeiführen konnte. Wolfgang Clement leidet
Schaden, weil er es seiner Partei sehr leicht macht: Seine Gegner
können nun frohgemut jede Clement-Äußerung für irrelevant erklären,
weil dieser Mann ja nicht einmal über ein rotes Parteibuch verfüge.
Darum erleidet am meisten Schaden die Richtung, für die Clement
steht.

Von nun an hat die SPD einen wirtschaftsfreundlichen,
pragmatischen, liberalen Freigeist weniger. Was schade ist, weil die
SPD, wie die anderen Parteien auch, nicht gerade überläuft vor lauter
mutigen Freidenkern. Steinbrück und Steinmeier mögen ähnlich denken
wie Clement; aber sie stehen in der Kabinetts-Disziplin und verfügen
außerdem nicht über jenen Trotz, den es braucht, sich mit dem
SPD-Mainstream, jener am Ende dann doch Lafontaine-freundlichen
Mehrheitsmeinung im sogenannten Mittelbau, anzulegen. Außerdem wollen
beide noch etwas werden, was die Freiheit ihrer Meinungsäußerung
schon automatisch einschränkt.

Darum leidet die SPD insgesamt Schaden. Sie wird, nicht zuletzt
wegen der Vorgänge in Hessen, gezwungen sein, innerparteiliche
Toleranz neu zu definieren. Sie wird, so oder so, ihr Verhältnis zur
Linkspartei klären müssen. Ohne einen wie Clement ist die SPD ärmer.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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