Westdeutsche Zeitung: Schuldenbremse = von Alexander Marinos
Geschrieben am 13-01-2009 |
Düsseldorf (ots) - Man muss ja nicht gleich das Bild des Süchtigen bemühen, der "Nie wieder Alkohol!" schwört und sich zur Feier des Tages einen kräftigen Schluck aus der Pulle gönnt. Überlassen wir diese nette Bösartigkeit ruhig dem Karikaturisten und wenden uns lieber einer Situation zu, die wir alle kennen: Da stehen die leckeren Bergischen Waffeln mit Kirschen und Sahne vor uns auf dem Tisch. Sie sind ohne Zweifel geeignet, unsere nach den Festtagen ohnehin etwas gedehnte Figur gänzlich aus den Fugen gehen zu lassen. Trotzdem greifen wir kräftig zu - und beruhigen uns sofort, noch genüsslich kauend, mit dem Schwur, von kommender Woche an keine Waffeln mehr anzurühren. Wir nehmen uns eine ganz strenge Diät vor, jetzt, da wir pappensatt sind. Das ist in etwa so glaubwürdig wie die geplante Schuldenbremse im Grundgesetz, jetzt, da die Koalition eine Rekordneuverschuldung beschlossen hat. Nun ist es natürlich ein Unterschied, ob ich mit mir selbst eine Diät vereinbare oder ob ich etwas ins Grundgesetz schreibe. Letzteres wäre prinzipiell einklagbar. Wenn der potenziell zu Verklagende aber schon vorher eine schöne Ausnahmeregel schafft, die am Ende die Ausnahme zur Regel macht, handelt es sich nur um Kosmetik. Was also soll die Schuldenbremse? Wenn künftige Regierungen keine neuen Schulden aufnehmen wollen, dann ist das eine - vernünftige - politische Entscheidung, die die Schuldenbremse überflüssig macht. Wenn aber künftige Regierungen neue Schulden aufnehmen wollen, dann lassen sie den Bundestag einfach beschließen, dass es sich um eine "Notsituation" handelt und schalten die Schuldenbremse so aus. Das führt uns zurück zu den Waffeln. Die darf ich eigentlich nicht essen. Aber weil ich so großen Hunger habe ("Notsituation!"), tue ich es eben doch. Übrigens: Mit Artikel 115 im Grundgesetz gibt es bereits eine funktionslose Schuldenbremse. Einziger Unterschied ist, dass die Regierung sie direkt außer Kraft setzen kann, ohne Parlamentsbeschluss. Aber selbst das ist irrelevant, weil ein Haushalt ohnehin immer vom Parlament beschlossen werden muss. Die Politik bleibt in der Verpflichtung, sich selbst zu zügeln: beim Schuldenmachen ebenso wie bei der Versuchung, das Grundgesetz zu missbrauchen.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Nachrichtenredaktion Telefon: 0211/ 8382-2358 redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
180558
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Vogelgrippe Bielefeld (ots) - Was war das für eine Aufregung im Februar 2006, als auf Rügen tote Schwäne mit dem Virus H5N1 entdeckt wurden. Die Vogelgrippe hatte Deutschland erwischt. Nach Rinderwahn und Schweinepest war es die dritte Hiobsbotschaft. Knapp drei Jahre später besteht für unser Land erfreulicherweise keine konkrete Gefahr mehr. Die Behörden haben aus den Vorfällen in Rügen gelernt und reagieren schnell, wenn verendete Wasservögel auftauchen oder Verdachtsfälle bei Enten und Puten auftreten wie Ende vergangenen Jahres im Bundesland Niedersachsen. mehr...
- Westfalenpost: In reiner Panik Koalition beschließt Konjunkturprogramm Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer Wenn all diese Superlative nicht über unser Vorstellungsvermögen hinausgingen, wir kämen aus der Gänsehaut nicht mehr heraus. Das "größte Maßnahmenpaket in der Geschichte" hat die Kanzlerin gestern verkündet. Nachdem wir bisher schon mit Nachrichten über die schlimmste Wirtschaftkrise seit dem Krieg, gar seit 1929, reichlich erschreckt worden sind. Der nächste Superlativ wird folgen wie der Donner auf den Blitz: die größte öffentliche Neuverschuldung aller Zeiten. Auf bis zu 120 Milliarden lauten mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Konjunkturpaket II Bielefeld (ots) - Wer den Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier und CSU-Chef Horst Seehofer gestern vor der Bundespressekonferenz verfolgt hat, konnte hören: Die Krise kann kommen, wir sind gerüstet. Aber was sollte das Trio auch anderes sagen? »Vertrauen ist der Anfang von allem«, weiß nicht nur die Werbung, und in diesen Tagen ist Vertrauen vielleicht wertvoller, als es jede Maßnahme sein kann. Das darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass weder die Kanzlerin noch ihr Vize und Herausforderer mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Konjunktur Halle (ots) - Die Regierung hat mit einigen Anlaufschwierigkeiten dem nationalen und internationalen Druck nachgegeben und nachgebessert, um der Krise zu begegnen. Beide Pakete zusammen erreichen ungefähr 2,5 Prozent des Bruttosozialprodukts. Das ist kein Pappenstiel. Aber 50 Milliarden Euro fallen nicht vom Himmel. Die Neuverschuldung wird bislang ungeahnte Höhen erklimmen. Das Wort "Tilgung" dürfte auf Jahre ein Fremdwort bleiben und wie ein Damoklesschwert über den kommenden Generationen hängen. Viel wird davon abhängen, ob eine Schuldenbremse mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Konjunkturpaket - Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka. Es war vielleicht die schönste, auf jeden Fall die teuerste Nacht, die Merkel, Steinmeier und Seehofer samt Anhang als Krisenparty im Kanzleramt gestalteten. Statt in Schockstarre zu verharren oder nur in parteipolitisches Imponiergehabe zu verfallen, hat die große Koalition noch einmal gezeigt, was in ihr steckt. Man ist besser als der vorauseilende Ruf. 100 Euro mehr für den, der ein Kind hat, und 2500 Euro für den, der sich ein neues Auto kauft. Das ist großkoalitionäre Moderne und Pragmatismus in einem. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|