(Registrieren)

Neue Westfälische: KOMMENTAR Krise der SPD Sozialdemokratische Sonnenfinsternis FRANZ WALTER

Geschrieben am 12-06-2009

Bielefeld (ots) - Es sieht finster für die Sozialdemokraten aus.
Als "Volkspartei" kann man sie mit gutem Gewissens kaum mehr
bezeichnen. Schaut man auf die Kräfte- und Machtverhältnisse in den
Regionen, so stellt man fest, dass in den fünf größten Bundsländern
durchweg schwarz-gelbe Bündnisse den Takt vorgeben. Das sieht in der
Tat nach einem tragfähigen Fundament für den Regierungswechsel in
Richtung Merkel/Westerwelle aus.
Doch herrscht im Berliner Willy-Brandt-Haus nach wie vor die
mittlerweile allerdings verzweifelte Hoffnung, dass alles noch mal so
kommen mag wie 2002 und 2005. In den Bundestagswahlkämpfen damals
schien die SPD Monaten zuvor ebenfalls bereits hoffnungslos
abgeschlagen zu sein. Dann aber begann die Aufholjagd. An diesem
Strohhalm klammert man sich im SPD-Hauptquartier.
Sozialwissenschaftler allerdings pflegen so etwas als "pathologisches
Lernen" zu charakterisieren. Denn nichts ist mehr so wie 2002 oder
2005. Seinerzeit vermochte die virtuose Kampfnatur Schröder
regelmäßig zwei Monate vor den Wahlen zurück in die Rolle des
robusten Sozialstaatsverteidigers zu schlüpfen. Angela Merkel und
Guido Westerwelle personifizierten in diesen Kampagnen die Bedrohung
für den "kleinen Mann".
Aber wie wollen die Sozialdemokraten diese Methode ein drittes Mal
anwenden? Sie haben Angela Merkel gewissermaßen gezähmt, für viele
gar sozialdemokratisiert. Die Kanzlerin taugt nicht mehr als Buhfrau
der sozialen Kälte. Und Guido Westerwelle - der als Buhmann wohl nach
wie vor aufzubauen wäre - darf ja Feindfigur nicht mehr sein, sondern
soll die Braut in der Koalitionsehe mit Liberalen wie Grünen geben.
Die SPD befindet sich in einer Zwickmühle.
Die Schröder-Müntefering-Steinmeier-SPD hat den Sozialdemokraten
alles genommen, weshalb Mitglieder und Aktivisten früher lange Zeit
mit beeindruckendem Eifer bei der Sache waren. Die SPD der letzten
zehn Jahre hat immer nur beflissen reagiert, auf Imperative und
Interpretationen, die von anderen sozialen und politischen Kräften
gesetzt wurden. Im Jahr 2004 agierte die SPD als übereifrige Partei
entregelter Märkte und allein ökonomischer Rentabilitätskriterien,
fünf Jahre danach definierte sie das Sozialdemokratische dann
plötzlich als puren Staatskapitalismus.
Will die Generation nach Münte und den "Stones" eine Alternative zum
"Merkelantismus" aufbauen, wird sie den Eigensinn und die
Verlässlichkeit einer sozialen Demokratie wieder finden und beleben
müssen. Opposition in Berlin mag Mist sein. Aber in den Bundesländern
eröffnet sie den Sozialdemokraten wieder die Möglichkeit, Regierungen
anzustreben, sich also regional zu regenerieren. Doch wird die
Müntefering-Steinmeier-SPD alles versuchen, sich noch einmal in eine
Große Koalition hineinzuretten. Man mag gar nicht ausdenken, wo die
Partei dann im Jahr 2013 stehen wird.
Gastkommentator Franz Walter (53) ist Professor für Politische
Wissenschaften an der Universität Göttingen. Er ist einer der
bekanntesten Parteienforscher Deutschlands.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

208508

weitere Artikel:
  • Berliner Morgenpost: Eine Pflicht gegenüber den Generationen - Kommentar zur Schuldenbremse Berlin (ots) - Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich auch finanzpolitisch ganz ungeniert. Diese Resignation signalisierende Volksweisheit wollen Bund und Länder mit der Schuldenbremse nicht länger für sich gelten lassen. Es wird höchste Zeit. Einen Schuldenberg in Höhe von 1,65 Billionen Euro haben die Regierungen in Bund, Länder und Kommunen in den vergangenen 40 Jahren aufgetürmt, auf jedem Bundesbürger lasten deshalb mittlerweile 21.300 Euro Schulden. Es ist der zweite Anlauf zur Selbstdisziplin. Seit Jahrzehnten schon setzt mehr...

  • Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zu Awacs/Afghanistan Köln (ots) - Aufklärung dringend nötig CLAUDIA LEPPING, Berlin, zu Afghanistan Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung will die Flugsicherung in Afghanistan stärken und gibt deswegen der Nato grünes Licht, drei bis vier Awacs-Radarmaschinen mit rund 100 deutschen Soldaten und Besatzungsmitgliedern zu entsenden. Das klingt unspektakulär. Wer kann dazu schon Nein sagen. Wer? Das Parlament. Der Bundestag wird diesem abermals erweiterten Bundeswehreinsatz zustimmen müssen - im Oktober, wenn er ohnehin über die Entsendung weiterer mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zur Schuldenbremse Ulm (ots) - Diese Grundgesetzänderung ist das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt: Deutschland will Schluss machen mit dem immer neuen Auftürmen neuer Schulden. Erdrückende 1,5 Billionen Euro beengen inzwischen längst die finanzielle Handlungsfähigkeit öffentlicher Haushalte. Nur wenn die Schuldenbremse gezogen wird, haben kommende Generationen noch die Chance, eigenverantwortlich Politik zu machen. Man kann am Ergebnis, das auf die Beratungen der Föderalismuskommission II zurückgeht, manches kritisieren - etwa die Aufblähung des mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur Schuldenbremse Halle (ots) - Die akute Krise treibt die Politik in einen Zwei-Fronten-Kampf: Einerseits erhofft sich die besorgte Öffentlichkeit die Rettung von Arbeitsplätzen durch Steuergeld. Andererseits geht die Sorge um, der Staat könnte seine Hilfswilligkeit zu exzessiv betreiben, und dass Firmen-Pleiten nur aufgeschoben werden. Am Ende stünde ein Mix aus misslungener Staatsintervention plus gigantischer Neuverschuldung. Vor diesem Hintergrund ist es ein historischer Glücksfall, dass es jetzt zur Verankerung einer Schuldenbremse im Grundgesetz mehr...

  • WAZ: Wir haben ja noch Steffi - Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Steffi Graf war ein Vorbild. Sie ist es noch. Das macht den Unterschied. Nicht, dass sie sich völlig zurückgezogen hätte. Sie ist, auch als Werbeträgerin, nach wie vor eine öffentliche Figur. Auch spielt sie, bisweilen, noch Tennis, manchmal gemeinsam mit ihrem Mann. Steffi Graf und Andre Agassi verbergen auch nicht ihr familiäres Glück vor der Außenwelt, nur: Sie machen keine große Sache daraus. Überhaupt machen die beiden keine Welle. Sie haben es nämlich nicht nötig. Nicht finanziell und nicht persönlich. Es mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht