BERLINER MORGENPOST: Kommentar zur Suche nach einem Nachfolge für Horst Köhler
Geschrieben am 01-06-2010 |
Berlin (ots) - Immer wieder sind sie herbei gewünscht worden, die
Seiteneinsteiger in den deutschen Politikbetrieb. Damit sie den Laden
aufmischen, frischen Wind in die Hinterstuben der Macht bringen, in
denen Ritualen gleich gekungelt und gemauschelt wird. Erfahrung von
außen, neue Ideen, ein bisschen mehr Unabhängigkeit und damit
Freiheit im Denken als reine Parteikarrieristen - so die mit
Seiteneinsteigern verbundene Hoffnung, um dem zunehmend misstrauisch
beobachteten Politikgeschäft wieder zu mehr Ansehen zu verhelfen. Wie
tief auch hier der Graben zwischen Theorie und Praxis ist, haben die
letzten beiden Kanzler und nun auch die Kanzlerin bitter erfahren
müssen. Helmut Kohl erlebte sein personalpolitisches Waterloo mit
seinem ersten Kanzleramtsminister Waldemar Schreckenberger, einem
vorzüglichen Verwaltungsjuristen, aber Chaoten in der politischen
Machtzentrale. Gerhard Schröder wollte mit dem Unternehmer Jost
Stollmann neue wirtschaftspolitische Kompetenz ins erste rot-grüne
Kabinett bringen. Doch der Parteilose, der inhaltlich die Agenda 2010
vorwegnehmen wollte, resignierte schon vor Amtsantritt, nachdem ihm
die Grenzen seines Handels aufgezeigt worden waren. Jetzt hat Angela
Merkel erfahren, wie riskant es ist, hohe politische Ämter "fremd" zu
besetzen. Anders als in Amerika und Frankreich zeigt sich der
Politikbetrieb in Deutschland als closed shop. Eine schlechte, ja
gefährliche Entwicklung. Ohne Auffrischung und Belebung von Außen
entfernen sich Parteien und damit Politik insgesamt zunehmend von den
Realitäten des Lebens. Seiteneinsteiger müssten also prinzipiell
nicht nur freudig begrüßt, sondern auch schützend begleitet werden.
Letzteres hat allerdings seine Grenzen, weil Seiteneinsteiger auch
bestimmte Verpflichtungen übernehmen. Sie können nicht völlig
losgelöst von denen agieren, die sie auserkoren haben. Und sie müssen
sich dem politischen Diskurs stellen; auch wenn der unbequem ist.
Horst Köhler ist an beidem gescheitert. Sein Amtsverständnis hatte
sich allzu weit entfernt von dem, was seine Erfinder von ihm erwartet
hatten. Letztere waren deshalb nicht willens, für ihn in die Bresche
zu springen. So wünschenswert Quereinsteiger für die Politik bleiben,
das Beispiel Köhler dürfte potenzielle Nachahmer kaum noch animieren.
Politprofis behalten in Deutschland das Sagen. Künftig vielleicht
sogar mit Ursula von der Leyen als erster Frau im höchsten Staatsamt.
Originaltext: BERLINER MORGENPOST
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Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
CVD Matthias Heine
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
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