Lausitzer Rundschau: Bundespräsidentschaft: Gelungener Coup
Geschrieben am 06-06-2010 |
Cottbus (ots) - Die schwarz-gelbe Koalition mag in der
Bundesversammlung rechnerisch eine komfortable Mehrheit haben. Ein
bloßer Zählkandidat für die Köhler-Nachfolge ist der Favorit der
Opposition deshalb noch lange nicht. Mit der Nominierung des
ehemaligen DDR-Bürgerrechtlers Joachim Gauck haben SPD und Grüne
gleich einen doppelten Triumph gelandet: Der allseits geschätzte
Ostdeutsche ist ein gelungener Coup in eigener Sache. Und er hat das
Potenzial, die Regierungsparteien zu spalten. Der konservative
CDU-Polterer Jörg Schönbohm bringt die Gemütsverfassung vieler
Menschen auf den Punkt, wenn er fragt, warum es nicht möglich gewesen
sei, "sich im bürgerlichen Lager mit der SPD auf Gauck zu einigen".
Die Antwort ist banal: Weil es Angela Merkel in erster Linie um die
eigene Machtabsicherung ging und nicht um eine überparteiliche
Persönlichkeit für das höchste Amt im Staat. Doch ihre Entscheidung,
Christian Wulff dort hin zu loben und sich damit elegant eines
politischen Konkurrenten zu entledigen, könnte der Kanzlerin noch
Leid tun. Dass einige namhafte FDP-Politiker jetzt offen mit Gauck
sympathisieren, ist ein Affront gegen Merkel und ein weiteres Indiz
für den zerrütteten Zustand der Regierungskoalition in Berlin. Erst
mussten die Liberalen mit ansehen, wie ihr Herzblutthema
Steuersenkung von Merkel einkassiert wurde. Nun droht sich mit der
Gesundheitspauschale ein weiteres FDP-Großprojekt in Luft aufzulösen.
Die Nominierung Wulffs, die Parteichef Guido Westerwelle praktisch
nur noch abnicken durfte, könnte für viele Freidemokraten da eine
politische Umdrehung zu viel gewesen zu sein. Das Rennen um den
Einzug ins Schloss Bellevue ist noch nicht gelaufen.
Originaltext: Lausitzer Rundschau
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