Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE Bundespräsident Wulff im Abseits ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 08-06-2010 |
Bielefeld (ots) - Die schwarz-gelbe Regierung agiert immer noch
hart am Rande des Abgrunds. FDP und CSU pöbeln sich weiterhin an
("Wildsau" gegen "Gurkentruppe") wie Halbstarke. Noch gravierender
ist, dass die Regierung mit ihrem Vorschlag für das Amt des
Bundespräsidenten nicht durchdringt. Ministerpräsident Christian
Wulff steht im Abseits. Kandidat der Herzen ist der von Rot-Grün
erwählte Joachim Gauck. Für die veröffentlichte Meinung - vom Spiegel
bis Bild - ist Gauck sowieso der Größte. Die Koalitionsspitzen
beschleicht ein mulmiges Gefühl. CSU-Chef Horst Seehofer weist
deshalb vorsorglich darauf hin, dass ein Scheitern von Christian
Wulff das Ende der schwarz-gelben Regierung bedeuten würde. Dieselbe
Losung macht auch in der FDP die Runde. Allerdings wollen die
Liberalen ihren Einsatz für Wulff auch gewürdigt wissen: Es ist kein
Zufall, das der nächste Versuch zur Schlichtung im Gesundheitsstreit
für den 18.Juni terminiert ist: Rechtzeitig vor der Wahl des
Bundespräsidenten. Es darf nicht verwundern, wenn die CSU dann
plötzlich Gemeinsamkeiten mit der FDP entdeckte. Denn momentan sind
es vor allem ostdeutsche Liberale, die offen mit einer Wahl Gaucks
drohen. Der hat jedoch kaum Chancen Bundespräsident zu werden, denn
Rot-Grün bringt es in der Bundesversammlung nur auf 460 Stimmen. Aber
nur 24 Abweichler könnten schon dafür sorgen, dass Wulff die absolute
Mehrheit im ersten Wahlgang verfehlt. Das wäre für Schwarz-Gelb
Blamage genug und würde den Eindruck eine Regierung ohne jede Fortune
verstärken. Wulff wäre gut beraten, wenn er für sich und seine
Vorstellungen vom Amt offensiv Werbung machte. Dass die Kanzlerin den
Ministerpräsidenten gerade mal drei Minuten lang präsentierte, reicht
absolut nicht aus. Dafür ist Gauck ein viel zu charismatischer
Gegenspieler.
Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
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