LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Ungarn/Lügen-Geständnis
Geschrieben am 19-09-2006 |
Leipzig (ots) - Wechselhaft Von Andreas friedrich Warum stürmte eigentlich niemand die ARD-Zentrale, um zu protestieren, dass die SPD trotz gegenteiliger Wahlversprechen die Mehrwertsteuer mit anhob? Warum zündet keiner Autos an, weil die Regierung Merkel bisher eher auf der Stelle tritt, statt das Land zu reformieren? Wohl weil die Politiker aus den Regierungsparteien lieber wortreich die sich ändernde Realität beschreiben, statt sich zu ihren Wahlversprechen zu bekennen. So wie es Ungarns Premier Ferenc Gyurcsany nun tat. Gezwungenermaßen. Ein aufgezeichnetes Lügengeständnis brachte ihn in die Bredouille, nicht mehr um die wirkliche Brisanz der Lage herumreden zu können. Dass einige seiner Landsleute deswegen auf die Straße gehen, liegt weniger an der Heißblütigkeit der Magyaren. Viele kümmerten sich resigniert kaum noch darum, was in Budapest entschieden wurde. Sie versuchen, das Leben zu meistern. Denn Gyurcsanys Sozialisten verlangen ihnen wegen der hohen Staatsverschuldung einen harten Sparkurs ab. Dass alle Entbehrungen und Verteuerungen nun immer noch nicht genügen, weil die Lage schlimmer ist als erklärt, bringt dann doch viele auf die Palme. Viele Ungarn kämpfen ums tägliche Überleben. Das einstige wirtschaftliche Musterland unter den EU-Beitrittskandidaten hat sich mit über zehn Prozent Haushaltsdefizit zum Sorgenfall entwickelt. Gyurcsany ist daran genauso schuld, wie die vor ihm regierenden Konservativen. Dass er die Konsolidierung nicht durch eine Wahlniederlage gefährdet sehen will und deswegen die Wirklichkeit frisiert, ist eine Form des Zynismus, die man bisher nur aus einigen afrikanischen Staaten kannte. Wer die Unruhen in Ungarn deswegen als exemplarisch für eine vermeintliche Gefahr hinstellen will, die von neuen EU-Mitgliedern ausgehe, liegt falsch. Der Osten Europas entwickelt sich. Die Wirtschaften wachsen stabil - mitunter auch ungeachtet nationalistisch gesinnter Regierungen wie in Polen und der Slowakei. Politisch sind diese Staaten zwar nicht mehr instabil, aber immerhin noch wechselhaft. Den Parteiensystemen fehlt 16 Jahre nach der politischen Wende von der Diktatur zur Demokratie mitunter noch die Festigkeit. Meist konkurrieren einstige Kommunisten, angeführt von weltgewandten, polyglotten Jungkadern mit Konservativen, die Unternehmer und Oppositionelle vereinigen. Die Wähler vagabundieren zwischen den verfeindeten Blöcken hin und her. Den Regierungen fehlt die Zeit, langfristige Reformen anzustrengen. Deswegen sollte man Osteuropa aber nicht verdammen oder gar vom Einigungsprozess ausschließen. Die Staaten brauchen die Hilfe aus Brüssel. Die Fördermittel sind ein zwingendes Argument für eine stetige Anpassung an Europas Standards. Ganz gleich wer in der Regierung sitzt. Im Übrigen gibt es Osteuropas Tendenzen abgeschwächt auch im Osten Deutschlands, wie die letzten Landtagswahlen zeigten. Mit einem Unterschied zu den einstigen Bruderstaaten, einem eklatanten: In Osteuropa besteht ein dynamisches Wirtschaftswachstum.
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