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WAZ: Lehmann zum Islam-Streit: Zum Dialogder Religionen - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 20-09-2006

Essen (ots) - Einfache Frage: War die Entschuldigung des Papstes
eine Kapitulation? Obliegt von diesem Moment an die
Deutungsherrschaft über den Islam ausschließlich Vertretern des
Islam, damit den besonders lautstarken Islamisten? Macht, wer sich
mit dieser Religion auseinandersetzt, quasi automatisch der gewollten
Beleidigung von mehr als einer Milliarde Muslimen schuldig?
Eine aufschlussreiche, weil klarstellende Antwort gab jetzt in
Berlin der ranghöchste deutsche Katholik, Kardinal Lehmann, mit einer
Rede vor Politikern, die von der FAZ dokumentiert wurde. Lehmann
handelt darin die Chancen und Grenzen eines Dialogs der Religionen
ab. Er stellt dabei heraus, was Christentum und Islam (fundamental)
voneinander unterscheidet.

Etwa das Geschichtsverständnis. Christentum und Judentum sind in
ihrem Verhältnis zwischen Gott und Religion einerseits sowie der
realen Welt andererseits auf Offenheit angelegt, der Islam ist durch
den Gedanken vollständiger göttlicher Offenbarung von Beginn
menschlicher Existenz an statisch, also unveränderbar. Lehmanns
Schlussfolgerung: Die muslimische Deutung erschwert die
Auseinandersetzung mit der Moderne. "In diesen Zusammenhang gehören
auch das Verständnis des Korans als geschichtlicher Deutung
unzugänglichem Wort Gottes und die Vorstellung von der unabänderlich
wörtlichen Geltung des muslimischen Gesetzes, der Scharia."

Weiterhin der Dschihad, der heilige Krieg, für jeden wehrfähigen
Muslim eine Grundpflicht. Lehmann stellt fest, in der muslimischen
Religion habe die theologische Tradition "des kämpfenden und
herrschenden Islam" die Zeiten überdauert. Sodann die
Religionsfreiheit, die Freiheit mithin, zur Religion sanktionsfrei
auch Nein sagen zu können, sowie die Autonomie von Religion und
Staat, die in islamischen Ländern schwierig ist. In der Gewaltfrage
gesteht Lehmann zu, dass in der Geschichte alle Religionen der
totalitären Versuchung erlegen sind, Gewalt im Namen des Glaubens zu
üben. Aber muslimische Gesprächspartner müssten sich schon die Frage
gefallen lassen, weshalb "in der heutigen Weltsituation vorgeblich
religiös motivierte und religiös legitimierte Gewalt ein Phänomen
darstellt, das sich vorwiegend am Islam festmacht". Es geht um die
alles entscheidende Frage, ob der Islamismus eine Verirrung darstellt
im Islam oder eine legitime Spielart. Ohne Klärung dieser Frage
werden die Reformer, die Gemäßigten, kaum eine Chance haben. Zu einer
Art Kapitulation von Christen jedenfalls besteht kein Anlass.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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