WAZ: Jeder kämpft gegen jeden - Kommentar von Stefan Schulte
Geschrieben am 21-09-2006 |
Essen (ots) - Wenn ein Gerangel so unüberschaubar wird, wie das um die Gesundheitsreform, schalten die Menschen ab. Über so absonderliche Dinge wie Fonds, Zusatzbeitrag oder gar Risikostrukturausgleich reden nur Menschen, die das müssen. Doch dass die Lage so verfahren ist, liegt nicht nur am missratenen Kompromiss. Es liegt auch daran, dass derzeit jeder gegen jeden kämpft: Union gegen SPD, CDU gegen CSU, Süd- gegen Nordländer, Bayern gegen Berlin.
Union und SPD kämpfen um die Deutungshoheit der schwammigen Eckpunkte. Jeder Änderungswunsch ruft zwei Änderungswünsche der anderen Seite an anderer Stelle hervor. Gleichzeitig kämpfen Politiker beider Seiten gegen Ulla Schmidt. Die Union reklamiert mit einigem Recht, dass die Privatkassen mehr bluten sollen als vereinbart. In der SPD wollen einige den verhassten Gesundheitsfonds schnellstmöglich beerdigen, Schmidt will ihn aufpäppeln.
Wenn sich CDU und CSU auf Schmidt einschießen, wollen sie davon ablenken, dass sich der tiefste Graben derzeit mitten durch die Union zieht. Das Unglück der Kanzlerin ist, dass in Bayern, Niedersachsen und Hessen 2008 gewählt, dann, wenn die Leute das ganze Ausmaß der Reform im Portmonee spüren würden. Da sie dies zu ahnen beginnen, torpedieren Stoiber und Wulff, was sie selbst beschlossen haben.
Auch inhaltlich meint Stoiber die Union, wenn er sich dagegen wehrt, dass jede Kasse eine Pauschale je Versichertem bekommen soll. Das würde den reichen Bayern-Kassen schaden. Stoiber beschimpft dafür Schmidt, meint aber Merkel. Denn die Sache mit der Pauschale stammt von der Union. Schließlich kämpfen reiche Länder gegen arme. Dass Kassen mit vielen Kranken begünstigt werden sollen, würde Baden-Württemberg schaden und Mecklenburg-Vorpommern nützen. Nord gegen Süd, Arm gegen Reich - der alte Föderalismus-Streit.
Wenn nun die Kanzlerin einer Großen Koalition auf den Vermittlungsausschuss setzt, ist das so bezeichnend wie absurd. Schwarz-Rot hat satte Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat. Warum sollten sie sich in der offiziellen Schlichtungsstelle besser einigen können als am Kamin? Die Lage ist derart verfranst, dass Merkel nicht umhin kommen wird, ein Machtwort zu sprechen. Das muss kein Wir-ziehen-das-jetzt-durch sein. Auch ein Nochmal-von-vorn wäre ein Machtwort. Eines, das viele Menschen ihr hoch anrechnen würden. Denn die Bürger haben den Parteistrategen eines voraus: Sie vermögen eine eingestandene Schwäche als Stärke zu erkennen.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Rückfragen bitte an: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: (0201) 804-0 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
31083
weitere Artikel:
- Der Tagesspiegel: Verbrauchergesetz: Städtetag teilt Verfassungsbedenken Berlin (ots) - Der Deutsche Städtetag teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken einiger Länder beim Verbraucherinformationsgesetz, das an diesem Freitag im Bundesrat zur Abstimmung steht. Das Gesetz sehe vor, "dass aufgrund eines Bundesgesetzes neue Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden. Dieser so genannte Bundesdurchgriff ist nach der am 1. September in Kraft getretenen Föderalismusreform jedoch nicht mehr zulässig", sagte ein Sprecher des Städtetags dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitag-Ausgabe). Das Gesetz müsse so korrigiert mehr...
- Der Tagesspiegel: Zöller (CSU): Begrenzung des Zusatzbeitrages für Krankenversicherte auf zwei bis drei Prozent des Haushaltseinkommens erhöhen Berlin (ots) - Unionsfraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) hat angeregt, die Begrenzung des Zusatzbeitrages für gesetzlich Krankenversicherte auf zwei bis drei Prozent des jeweiligen Haushaltseinkommens auszuweiten. "Das ist praktikabler als die Verabredung in den Eckpunkten", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). In der Vereinbarung ist eine Ein-Prozent-Klausel vorgesehen, die nach der Forderung mehrerer Unions-Ministerpräsidenten und der CSU-Landesgruppe aber wieder gestrichen werden soll. Die Union teile den Wunsch mehr...
- Der Tagesspiegel: Barmer-Chef Vöcking: Ein-Prozent-Klausel ist unverzichtbar Berlin (ots) - Die Barmer Ersatzkasse hat davor gewarnt, die Ein-Prozent-Klausel für die geplanten Zusatzbeiträge von gesetzlich Versicherten zu streichen. "Die Klausel ist unverzichtbar", sagte der neue Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). Es dürfe keine "kalte Privatisierung" geben, bei der sich Arbeitgeber aus der Verantwortung stählen. Durch die Begrenzung bleibe der "Druck im Kessel", um steigende Kosten für die medizinische Versorgung nicht nur den Versicherten aufzubürden. mehr...
- Umweltschadensgesetz rückt Vorstände ins Fadenkreuz - Verbände können auf persönliche Haftung klagen München (ots) - Manager rücken ins Fadenkreuz von Umweltverbänden. Nach dem gestern (20. Sept.) vom Kabinett beschlossenen Umweltschadensgesetz können die Verbände Behörden verpflichten, sowohl Unternehmen als auch deren Vorstände oder Geschäftsführer persönlich für Umweltschäden in Anspruch zu nehmen. Die Haftung erstreckt sich auf alle Schäden, die von dem Unternehmen oder seinem Management verursacht wurden. Weigert sich die Behörde gegen ein Unternehmen tätig zu werden, kann ein anerkannter Umweltverband einen Sanierungsanspruch öffentlichkeitswirksam mehr...
- Neues Deutschland: zur Tagung der EU-Innenminister und der Einwanderungspolitik der EU Berlin (ots) - Den »Geist von Tampere« hatte die finnische Ratspräsidentschaft beschworen, als sie die Innen- und Justizminister der EU zu ihrem traditionellen Treffen in den Norden lud. Sie erinnerte damit auch an die Geburtsstunde einer gemeinsamen Politik auf diesen Feldern vor sieben Jahre an gleicher Stelle. Doch es schienen vor allem Krämerseelen und Kassenwarte zu sein, die da gestern um Gelder für die Abwehr von Flüchtlingen aus den ärmeren Teilen dieser Welt feilschten. Die Union ist noch immer weit entfernt von einer vernünftigen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|