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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu KSK/Afghanistan

Geschrieben am 20-10-2006

Leipzig (ots) - Pawlowscher Reflex
Von Micha Schneider
Betrachtet man die Forderung von einigen SPD- und zahlreichen
Oppositionspolitikern nach Abzug der KSK-Elitetruppe aus Afghanistan,
so liegt die Vermutung nahe, dass hier der Pawlowsche Reflex das
Handeln bestimmt. Da steht die Behauptung des Deutsch-Türken Murat
Kurnaz im Raum, er sei in einem US-Lager in Afghanistan von deutschen
Soldaten misshandelt worden und schon soll das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet werden. Noch bevor der beschlossene
Untersuchungsausschuss überhaupt seine Tätigkeit aufgenommen hat,
fällen einige Volksvertreter ihr Urteil. Das hat nichts mit Umsicht
und politischem Weitblick zu tun. Das ist Effekthascherei, getrieben
von wahltaktischer Profilierungssucht.
Natürlich muss genau geprüft werden, welche Rolle die KSK im Falle
Kurnaz spielte. Auch und gerade die Elitetruppe darf und kann nicht
außerhalb der Demokratie stehen, sie muss politisch kontrolliert
werden. Dass dabei nicht alle Aktivitäten bereits im Vorfeld
parlamentarisch breit diskutiert und medial begleitet werden können,
sollte allerdings auch selbstverständlich sein. Ohne das notwendige
Maß an Geheimhaltung kann die Truppe ihren Auftrag nicht ausführen,
ohne das gesetzlich fixierte Maß an Transparenz läuft sie aber
Gefahr, sich außerhalb der Normen zu stellen. Der geplante
Untersuchungsausschuss ist allein schon durch seine Einsetzung ein
Beweis für funktionierende demokratische Spielregeln. Das Ergebnis
vorwegnehmend bereits jetzt Konsequenzen zu ziehen ist jedoch
unredlich. Dass Verteidigungsminister Jung reagiert hat, um die
Weitergabe von Informationen künftig sicherzustellen, ist ein erstes
und richtiges Ergebnis aus den aktuellen Vorfällen und Vorwürfen
Die KSK deshalb aber sofort aus dem Land am Hindukusch abzuziehen
würde bedeuten, dass man den Kampf gegen den Terrorismus in einer
seiner Hochburgen aufgibt. Dann können gleich auch alle anderen
Bundeswehrsoldaten den Heimmarsch antreten. Mit ihrem Auftrag, passiv
zu agieren, dadurch für Ruhe und Stabilität zu sorgen, wären sie bald
von Taliban und El Kaida überrollt, Afghanistan stünde wieder in der
Steinzeit. Es geht hier nicht allein um deutsche Befindlichkeiten, es
geht auch um die Zukunft von Millionen Afghanen, die nach
sowjetischer Besatzung und islamistischer Gängelung Hoffnung wittern.
Ein KSK-Rückzug wäre auch für diese Menschen ein negatives Signal.
Gerade jetzt, wo terroristische Gruppierungen wieder verstärkt
Aktionen in Afghanistan durchführen, könnte ein übereilter Rückzug
zur weiteren Destabilisierung des Landes führen.
Kühler Kopf statt hektischer Reaktionen ist gefragt, gepaart mit
Offenheit und Ehrlichkeit im Untersuchungsausschuss. Einsatzdetails
gehören auch künftig natürlich nicht in die Öffentlichkeit,
notwendige Informationen müssen aber auch bei heiklen Einsätzen an
die befugten Stellen gegeben werden. Sonst gerät der gesamte
KSK-Einsatz in ein schiefes Licht.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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