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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Köhlers Entscheidung, Klars Gnadengesuch abzulehnen

Geschrieben am 07-05-2007

Bielefeld (ots) - Klare Sache: Bundespräsident Horst Köhler hat
sehr viel schneller als erwartet gehandelt. Vor allem: Er hat genau
anders entschieden als all jene vermutet haben, die immer glauben,
vorher schon zu wissen, wie eine Sache am Ende ausgeht.
Das höchste deutsche Staatsorgan ist kein Gruß-August. Der
Bundespräsident hat mit dem Versagen der Begnadigung gegenüber
Christian Klar und Birgit Hogefeld Profil gezeigt. Er hat die
Position des Staates aktiv handelnd und politisch erkennbar deutlich
gemacht.
Hier hat der erste Bürger unseres Landes gesprochen. Nicht Richter,
nicht Politiker, nicht Opfer, schon gar nicht Beteiligter, sondern
die letzte weltliche Instanz hat das Wort gehabt.
Allerdings trägt die entschiedene Erledigung der Sache durch
Ablehnung auch Züge von Basta-Politik. Ein nicht unerheblicher Teil
der Beweggründe dürfte der Tagespolitik geschuldet sein, was für
einen Bundespräsidenten zumindest ungewöhnlich ist. Klar bleibt in
Haft, dem jedes Maß des Erträglichen überschreienden Chor der
Kritiker ist deshalb verschämtes Schweigen zu empfehlen.
Köhler ist nicht ungeübt im Umgang mit der Tagespolitik und deren
Begleitmusik. Dabei ist es grundsätzlich heikel, zum Beispiel über
die Rechtmäßigkeit eines Gesetzes zu entscheiden. Im Falle der
Ablehnung beispielsweise der Gesundheitsreform (was einige erhofften)
oder des gezielten Flugzeugabschusses besteht immer die Gefahr, mit
der »Überparteilichkeit« zu kollidieren, der sich der Bundespräsident
zu unterwerfen hat. Gegner in der Sache haben dann die Wahl, den
Präsidenten wahlweise als über- und unparteilich zu schelten.
Die Politik neigt dazu, Gelegenheiten zu instrumentalisieren. Im
Übrigen verweigerten auch schon die Bundespräsidenten Theodor Heuss,
Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel und Richard von
Weizsäcker Gesetzen ihre Unterschriften, und in jüngerer Zeit haben
Roman Herzog und Johannes Rau Gnadengesuche abschlägig beschieden.
Die Entscheidung Klar/Hogefeld hat dem höchsten Repräsentanten dieser
Republik gewiss mehr Kraft abverlangt alle anderen Entscheidungen
zuvor. Er ist an ihr gewachsen.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=66306
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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