LVZ: Leipziger Volkszeitungen zu SPD/CDU Beliebige Volksparteien
Geschrieben am 04-09-2007 |
Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka Augen zu, Ohren auf, wer spricht denn da?Fleiß, Ehrlichkeit, keinen hängen lassen, Wohlstand für alle. Es könnte sich um den Sozialdemokraten Kurt Beck handeln. Oder vielleicht doch um die Christdemokratin Angela Merkel, die in der Furche liegt und die Lage kommentiert. Schluss mit der Meckerei aus den hinteren Reihen, ab jetzt herrscht Ordnung und Führung im Laden. War das nur der schwammige Beck oder sind das die frisch in Erinnerung gebliebenen Worte Merkels auf ihrem Weg nach oben? Eine beinah austauschbare Leitkultur über die Grundtugenden bemächtigt sich beider Volksparteien. Beide plagt der Wählerschwund und der Vertrauensverlust. Manchmal scheint es, als seien die einen etwa für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren nur, weil sie wissen, dass der Gegner dabei aufjault. Und die anderen versuchen den programmatisch entleerten Begriff des demokratischen Sozialismus zu retten, damit sich die aus dem nächsten Feldlager mächtig ärgern. Kopfpauschale oder Reichensteuer, Agenda 2010 oder Privatisierung der Sozialkassen stehen nicht mehr im Mittelpunkt. Die Industrie brummt, das "dritte Wirtschaftswunder" überspült Deutschland, die weichen Zukunftsthemen, die das Überleben der Gesellschaft betreffen, führen die beiden großen Volksparteien auf ähnliche Wege. Zur Freude der Klientelparteien in der zweiten Reihe, die die Linken, die Rechten und - bei der FDP - die kühlen Kosten-Nutzen-Rechner ansprechen. SPD, von unten kommend, und Union, in Merkels Schatten, bauen sich im 30-Prozent-Bereich ein. Sie sind damit sogar zufrieden. Jedenfalls spricht die mit einer gewissen Beliebigkeit geführte Programmdebatte hüben wie drüben dafür. So viel Sozialdemokratismus wie mit Merkel war in der Union noch nie, heißt es. Spricht das für den Realitätssinn von Merkel, für die Sozialdemokratie oder ist es lediglich ein klarer Hinweis darauf, dass Macht nur zu sichern ist, wenn man in der Mitte steht? Konservative jedenfalls, die heute wie Heulsusen hinter Merkel herschimpfen, haben schon lange keine Wahlen mehr gewonnen. Ganz abgesehen davon, dass die Klage über die große Leere am rechten Rand der Union zuerst all die Maulhelden aus der dritten und vierten Reihe trifft, die gerne klagen, ohne sich nach vorn zu trauen. In einem Männer meuchelnden Marathon auf dem Weg nach oben entledigte sich die CDU-Vorsitzende in der Vergangenheit jener Nörgler, wegen deren Wirken in den eigenen Reihen Beck gerade so lautstark auf den Tisch des Hauses zu schlagen versuchte. Alle aus der SPD, die meinen, sie müssten dazu etwas sagen, haben den Basta-Beck gelobt. Das macht stutzig. Führungsstärke bemisst sich nur in zweiter Linie an der Wucht, mit der man Kraftausdrücke und Machtworte ausstößt. Zu aller erst möchte man wissen, was der Inhaber der Führungsgewalt bezwecken will, wo er hin möchte und ob es ihm gelingen könnte, Politik wieder da zu beginnen, wo ein Gutteil der Bürger steht. Zurückgelassen von denen, die Vertrauen riskiert und verspielt haben. Vielleicht tröstet es Beck: Die CDU-Vorsitzende ist, so gesehen, nicht sehr viel besser dran als er.
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