Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Trump: Keine Zeit zu verlieren von Thomas Spang
Geschrieben am 01-02-2017 |
Regensburg (ots) - Der letzte Anruf Barack Obamas aus dem Weißen
Haus galt Angela Merkel. Nach einem holprigen Start hatten der
Präsident und die Bundeskanzlerin über die Jahre ein enges,
freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Bei seinem Abschiedsbesuch
in Berlin drückte Obama ihr die Stafette in die Hand. Von nun an, so
die implizierte Botschaft, werde sie die Rolle der "Führerin der
Freien Welt" übernehmen müssen. Obama ahnte, warum. Der erste Anruf
Donald Trumps bei der Kanzlerin erfolgte nach einer Woche, in der der
neue US-Präsident die schlimmsten Befürchtungen bestätigte. Der neue
Präsident meint, was er im Wahlkampf zu den frenetischen Sprechchören
seiner Anhänger gefordert hatte: den Bau der Mauer, den Einreise-Bann
für Muslime und den Protektionismus im Handel. Trump verabschiedet
sich im Eiltempo aus der liberalen Werte-Gemeinschaft des Westens und
zelebriert den autoritären Nationalstaat, der nicht auf Kooperation
sondern Konfrontation setzt. Den Multilateralismus der
Nachkriegsordnung will er ersetzen durch ein Netz an bilateralen
Vereinbarungen, die immer zugunsten der Vereinigten Staaten gestaltet
sein sollen - Amerika über alles. Laserscharf haben Trump und sein
Chefberater Stephen Bannon in ihrem Freund-Feind-Schema der Welt
Deutschland ins Visier genommen. Der Exportweltmeister ist in ihrer
Wahrnehmung nicht der Brückenkopf und Stabilitätsanker für Europa,
sondern ein Konkurrent, den es zu schwächen gilt. Nichts anderes hat
sich der neue Präsident vorgenommen, der die Nato seit Jahren als
"obsolet" bezeichnet, die Europäische Union jüngst als "Konsortium"
abmeierte und mit Wladimir Putin flirtet, der mit Besetzung der Krim
als erster ein Tabu der Nachkriegsjahre verletzt hatte. Dass Trump
offen Muslime diskriminiert, die einen Pass aus sieben mehrheitlich
islamischen Ländern haben, ist ein Schlag ins Gesicht der westlichen
Werte-Gemeinschaft. Und ein neuer Affront gegen Merkel, die er seit
Monaten wegen ihrer Flüchtlingspolitik angreift. Genauso hat es die
Bundeskanzlerin auch verstanden, die am Tag nach der Verhängung des
Muslim-Banns dem "America-First"-Präsidenten am Telefon ihr
Missfallen ausdrückte. Gewöhnlich bleiben solche Missstimmigkeiten
unter der Decke. Doch in diesem Fall ließ Merkels Sprecher die ganze
Welt davon wissen. In Berlin dämmert die Erkenntnis, dass es bei dem
Tempo, mit dem Trump zu Werke geht, nicht viel abzuwarten gibt. Der
neue deutsche Außenminister Sigmar Gabriel bringt das auf eine klare
Formel. "Ich glaube, wir müssen uns warm anziehen." Wohl wahr. Trump
versucht aktiv, Europa zu spalten, um Deutschland zu schwächen. Dafür
bastelt sein ultra-nationalistischer Chefstratege Bannon an einer
"rechten Internationalen". Der ehemalige Breitbart-Chef setzt sein
früheres Unternehmen als privaten Agitprop-Arm ein, der mit neuen
Satelliten in Berlin und Paris zum Info-Krieg gegen Merkel bläst.
Parallel dazu kooperiert das Weiße Haus von UKIP über die Front
National und FPÖ bis hin zur AfD mit Europas Rechtspopulisten. Die
lassen sich im Namen eines angeblichen "nationalen Interesses" vor
den Karren Trumps und Putins spannen, die beide kein starkes Europa
wollen, und deshalb alles daran setzen, die EU zu zerstören. Genau
darum geht es dem neuen Präsidenten, derin seinem Interview mit der
"Bild"-Zeitung und der "London Times" die EU als nicht viel mehr als
ein "Gefährt für Deutschland" denunzierte und die Europäische Union
zuletzt abfällig als "das Konsortium" schmähte. Angesichts dieser
Realitäten brauchen Deutschland und Europa dringend einen Plan B, der
nicht von der bloßen Hoffnung lebt, Trump lasse sichschon irgendwie
einhegen. Die strategische Herausforderung dabei bleibt, die Brücke
über den Atlantik für die kommenden vier Jahre vor dem Einsturz zu
bewahren.
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